Optimales Minimum - Christoph Saunus

Wasserpflegemittel lassen sich problemlos auf ein gesundheitsbewusstes Minimum reduzieren, pool beschreibt wie und warum. Grundvoraussetzung für hygienisch kristallklares Schwimmbadwasser bei minimalem Wasserpflegemitteleinsatz sind eine fachgerechte Beckenhydraulik und eine optimale mechanische Beckenwasserfilterung, so wie bereits in den pool-Ausgaben 27 und 28 sehr ausführlich beschrieben. Sind diese zwei wichtigen Planungskriterien im Wesentlichen erfüllt, lässt sich der Wasserpflegemitteleinsatz problemlos auf ein gesundheits- und umweltbewusstes Minimum reduzieren, ohne dass sich hierbei die Aspekte „Ökonomie" und „Ökologie" zwangsläufig ausschließen. Damit die Chemie zwischen Bauherren, Planer und Anlagenbauer nicht nur in der Anfangseuphorie stimmt, sondern sich auch die Beckenwasserqualität später immer im blauen Bereich befindet, sollte man zunächst wissen, wie groß eigentlich die hygienische Schwimmbadwasserbelastung durch den einzelnen Badegast tatsächlich ist. Die Kontaminierung des Schwimmbadwassers durch den Badegast beträgt auch nach gründlicher Körperreinigung während des Schwimmens sage und schreibe mehrere hundert Millionen Bakterien. Die Quellen für den Mikroorganismen- Eintrag sind die Haut, Speichel sowie die Flora von Darm und Genitalien. Dazu addieren sich noch rund 4 Gramm organische Substanzen wie Hautpartikel, Textilfasern, Haare, Kosmetika oder Körperpflegemittel sowie rund 50 cm3 Urin durch ungewollte Blasenkontraktion. Berücksichtigt man darüber hinaus auch noch, dass von einem Badenden erfahrungsgemäß 50 bis 60 ml Schwimmbadwasser in den Körper aufgenommen werden, verdeutlicht dieser Tatbestand nochmals sehr eindrucksvoll zwingend die Notwendigkeit einer hygienisch fachgerechten Beckenwasseraufbereitung als sogenannte Gesundheitsprophylaxe. Damit die Becken wasserqualität in privaten und öffentlichen Schwimmbädern den einschlägigen Hygieneanforderungen entspricht und das eingesetzte Desinfektionsverfahren im Schwimmbadwasser eventuell vorhandene Krankheitserreger auch tatsächlich schnell und wirksam abtötet oder inaktiviert, sind zunächst folgende chemische Hilfsparameter zu beachten:

-» Wasserhärte

-» pH-Wert

Die Säurekapazität definiert die Stabilität des pH-Wertes im Beckenwasser in Verbindung mit dem Säure- oder Baseneintrag. Hierbei wird die Säurekapazität im wesentlichen durch die im Wasser vorhandenen Hydrogenkarbonate bestimmt. Bei niedriger Säurekapazität respektive geringer Hydrogenkarbonathärte ist aufgrund des fehlenden Puffervermögens die Einhaltung oder Einstellung des richtigen pH-Wertes entsprechend schwierig. Das Beckenwasser kann bei diesen chemisch instabilen Verhältnissen sehr leicht umkippen, das heißt, es kommt beispielsweise zu Beckenwassereintrübungen. Außerdem steigt bei einer zu niedrigen Säurekapazität die Aggressivität des Beckenwassers. In der Folge kann es zu Schädigungen der Fliesenverfugungen, dem Beton oder vergleichbaren mineralischen Baustoffen kommen. Gleichzeitig steigt auch die Korrosionsgefahr gegenüber vom Beckenwasser berührten Metallteilen. Außerdem verringert sich automatisch auch die Flockungsmittelwirkung. Daher verlangt die Schwimmbad-DIN 19643 in den Normteilen 2-5 für öffentliehe Schwimm- und Badebecken eine Mindest-Säurekapazität von Ks 4,3 = 0,7 mol/m3, was wiederum 2 Grad deutscher Karbonathärte entspricht. Die normkonforme Einstellung (Anhebung) der Säurekapazität erfolgt entweder mittels Natrium- Carbonat (Soda) nach DIN EN 897 (Na2C03) oder mit Natrium-Hydrogencarbonat gemäß DIN EN 898 (NaHC03). Generell kann gesagt werden, dass Wasser mit einer Säurekapazität von 0,7 mol/m3 über eine ausreichende Pufferkapazität verfügt, um pH-Wert hebende oder senkende Einflüsse durch Flockungs- und Desinfektionsmittelzusätze sowie Temperaturerhöhungen und Wasserbewegung aufzufangen oder zu kompensieren. Voraussetzung ist eine normale Betriebsweise, fachgerechte Filterrückspülung und in öffentlichen Bädern ein täglicher Füllwasserzusatz gemäß DIN 19643 (mindestens 30 Liter pro Badegast und Tag).

ERDALKALIEN WERDEN SUMMIERT

Die Wasserhärte bezeichnet man nach dem Gesetz über Einheiten im Messwesen von 1969 international als Summe der Erdalkalien in mol/m3 beziehungsweise mmol/1. Trotzdem wird die Ursprungsbezeichnung „Deutsche Härtegrade" (dH) nach wie vor als Einheitsbegriff verwendet. Die Gesamthärte des Wassers setzt sich im wesentlichen aus der Summe von Calcium- und Magnesiumsalzen zusammen. Hierbei wird wiederum zwischen Nichtkarbonathärte (bleibende oder permanente Härte) und Karbonathärte (vorübergehende oder temporäre Härte) unterschieden. Die Nichtkarbonathärte (NKH) basiert auf Sulfaten und Chloriden, die keinen direkten Einfluss auf mögliche Kalkausfällungen haben, da diese Karbonate wasserunlöslich sind. Bei der sogenannten temporären Karbonathärte (KH) besteht hingegen eine Wechselbeziehung mit der Säurekapazität des Wassers auf der Basis von instabilen Calciumhydrogenkarbonaten. Folglich kann es bei Temperaturerhöhung und/oder pH-Werterhöhung zu Kalkausscheidungen im Schwimmbadwasser kommen. Entweicht durch Wasserbewegung und Wassertemperaturerhöhung Kohlensäure als gasförmiges Kohlendioxid aus dem Schwimmbadwasser, entsteht aus dem Bikarbonat unlösliches Karbonat, das zu Wassereintrübungen mit nachfolgenden Kalkablagerungen führt. Zur Verdeutlichung: Bei 1° dH (0,179 mol/m3 Beckenwasser 18 g Calciumcarbonat (CaC03) = Kalk ausscheiden. Dieses ergibt bei einem Schwimmbecken mit 40 m3 Inhalt rechnerisch bereits 720 g Kalk. Damit es nicht zu derartigen Kalkablagerungen im technischen Anlagensystem und auf den beckenwasserberührten Flächen und Einbauteilen kommt, ist eine regelmäßige pHWert- Korrektur unerlässlich. Bei der Beurteilung des Beckenfüllwassers lässt sich hinsichtlich der Wasserhärte folgende Aussage treffen: Mittelhartes Füllwasser ist erfahrungsgemäß als Schwimmbadwasser unproblematisch. Weiches Füllwasser kann bereits kritisch sein und bedarf daher einer kontrollierten sorgfältigen Wasserpflege, insbesondere was den pH-Wert betrifft. Bei sehr hartem Füllwasser sind genaue Kenntnisse über die Karbonathärte anhand einer chemischen Füllwasseranalyse unerlässlich. Hieraus ergibt sich dann auch, ob möglicherweise der Einbau einer Wasserenthärtungsanlage sinnvoll ist. Hierzu eignen sich die klassischen Enthärtungssysteme auf Basis des Ionenaustausches. Mit Hilfe von Kunstharz werden die für die Härte im Trinkwasser verantwortlichen Kalziumund Magnesium-Ionen durch leicht lösliche Natrium-Ionen ausgetauscht. Diese Anlagen müssen aus Hygiene-Sicherheitsgründen ein DVGW-Prüfzeichen besitzen. Ist die Kapazität des Kunstharzes erschöpft, erfolgt automatisch mit Hilfe von Natriumchlorid (Kochsalz) Lösung die Regeneration. Da das enthärtete weiche Wasser sehr aggressiv ist und kein Puffervermögen aufweist, haben die Anlagen eine nachgeschaltete Verschneideeinrichtung zur kontrollierten Einstellung der Beckenwasserhärte. Da bei der Verschneidung von enthärtetem Wasser (Weichwasser) die Karbonathärte der gemessenen Gesamthärte des Rohwassers entspricht, sollte man das Beckenfüllwasser zur Abpufferung der Säurechemikalien mindestens 4° Gesamthärte verschneiden. Trinkwasser mit alkalischen Korrosionsschutzzusätzen, wie beispielsweise Silikate und Phosphate, sind für die Beckenwassernutzung ungeeignet, da sie einerseits das Algenwachstum begünstigen und andererseits nicht die Härtebildner aus dem Wasser entfernen, sondern diese lediglich stabilisieren, damit es nicht zu Kalkablagerungen im Trinkwassersystem kommt. Letzteres gilt sinngemäß auch für die neuerdings vermehrt im Trinkwasser eingesetzten sogenannten chemiefreien „physikalischen" Wasserbehandlungsgeräte. PH-WERT IST ENTSCHEIDEND Wie bereits unter „Säurekapazität" und „Wasserhärte" sehr ausführlich beschrieben, ist der pH-Wert ein überaus bedeutender chemischer und hygienischer Parameter bei der Schwimmbadwasseraufbereitung. Da erfahrungsgemäß falsche pH-Werte die häufigste Ursache bei Schwimmbadwasserproblemen sind, ist die Grundvoraussetzung für eine optimale Beckenwasserqualität eine sorgfältige Wasserpflege mit regelmäßiger Kontrolle zur Einhaltung des richtigen pH-Wertes. Bei privaten Schwimmbädern liegt der pH-Wert des Beckenwassers in der Regel im neutralen, schwach alkalischen Bereich zwischen 7,0 bis 7,4. Befindet sich der pH-Wert erheblich darüber, also im alkalischen Bereich oder darunter im Säurebereich, kommt es zu den Problemen, wie aus der Grafik „Ursachen und Wirkung von pH-Werten" ersichtlich. Das beginnt im kritischen Säuren-pH-Bereich mit Korrosionen an Mineral- und Metallwerkstoffen, geht weiter über Geruchsbelästigungen und Schleimhautreizungen bis hin zu Störungen bei der Flockung. Im kritischen alkalischen Bereich kommt es ebenfalls zu Störungen bei der Flockung durch Kalkausfällungen sowie zu Zerstörungen des natürlichen Haut-Säuremantels. Besonders negative Auswirkungen hat die Tatsache, dass sich beispielsweise die desinfizierende Wirkung von Chlor, also der unterchlorigen Säure (HCIO), mit steigendem pH-Wert erheblich reduziert.

PH-WERT UND CHLOR HÄNGEN ZUSAMMEN

Zur Verdeutlichung der Kausalität zwischen dem pH-Wert und der Desinfektionsmittelwirkung von Chlor folgender Hinweis: Bei einem pH-Wert von 7,6 ist bei gleicher Desinfektionsmittelwirkung die doppelte Chlormenge wie bei einem pH-Wert von 6,5 erforderlich. Diese gravierende Hygienekausalität sowie die negativen Auswirkungen auf die Flockungsmittel haben letztlich entscheidend mit dazu geführt, dass die Schwimmbad- DIN 19643 den pH-Wert für öffentliche Süßwasserschwimm- und Badebäder zwischen 6,5 bis 7,6 eingrenzt und für Meerwasser, Sole oder vergleichbare Becken auf maximal 7,8 begrenzt. Für den privaten Schwimmbadbereich gibt es die pH-senkenden und anhebenden Chemieprodukte sowohl flüssig als auch in Granulatform. Da jedoch meistens pH-senkende Mittel benötigt werden, kommen überwiegend salzsäurefreie Produkte auf der Basis von Schwefelsäure oder Natrium-Hydrogensulfat zum Einsatz. Zum Umgang mit Schwimmbadchemikalien folgender Sicherheitshinweis: Die Produkte müssen zweifelsfrei gekennzeichnet sein und es darf kein unmittelbarer Kontakt mit der Haut stattfinden. Außerdem darf keine direkte Vermischung mit pH-Korrekturlösungen und Desinfektionschemikalien erfolgen, da sich beispielsweise beim Vermischen von Salzsäure und Chlorlauge sofort lebensgefährliches Chlorgas entwickelt. Die Verwendung von Trinkwasser aus einer kommunalen Versorgung als Füllwasser für Schwimmbäder ist aus hygienischer Sicht unproblematisch. Beim Einsatz von Wasser aus eigenem Brunnen oder sonstiger privater Versorgung ist eine bakteriologische und chemische Wasseranalyse vom örtlichen Wasserversorgungsunternehmen anzufordern. In der Regel enthalten diese Trinkwasseranalysen ausreichende Angaben über die wesentlichsten chemischen Parameter, beispielsweise pH-Wert, Wasserhärte, Säurekapazität, Eisen oder Mangan.

EISENGEHALT BEACHTEN

Da bereits ausführlich auf die beckenwasserrelevanten Auswirkungen von Säurekapazitäten, Wasserhärte und pH-Wert eingegangen wurde, sei der Vollständigkeit halber abschließend auch noch auf die nicht zu unterschätzende Problematik des Eisen- und Mangangehaltes in Füllwässern hingewiesen. Dieses trifft insbesondere auch für Eigenwasserversorgungen zu. Eisen und Mangan kommen als zweiwertige Metalle farblos gelöst in Form von Bikarbonaten im Wasser vor. In Verbindung beispielsweise mit Sauerstoff oder Chlor oxidiert die niederwertige Stufe der Metalle zu einer höherwertigen. So wird aus farblos unsichtbarem zweiwertigen Eisen aufgrund der Oxidationswirkung gelbfarbenes, dreiwertiges Eisen. Da dieses höherwertige Eisen nicht mehr löslich ist, schlägt es sich als rötlich braunes Eisenhydroxid auf beckenwasserberührte Flächen und Einbauteile nieder. Sinngemäß gilt dieses auch für die Oxidation von zweiwertigem zu vierwertigem Mangan. In der Folge kommt es hier zum Ausfall und Ablagerungen von schwarzbraunem Manganhydroxid. Diese Niederschläge lassen sich in der Regel im Privatschwimmbereich durch Hochchlorung, Anhebung des pHWertes und einer evtl. unterstützenden Flockung wieder aus dem Beckenwasser herausfiltrieren. Darüber hinaus gibt es neuerdings auch für eisen- und manganhaltige Füllwasser chemische Spezialprodukte, die ein Ausfällen mit nachfolgenden Hydroxidablagerungen wirksam verhindern. Übrigens kann es bei Korrosionen an metallischen Einbauteilen innerhalb des Beckenwasser- Aufbereitungssystems oder bei Attraktionskreisläufen je nach Metallwerkstoff, beispielsweise Kupfer und Eisenverbindungen, zu blaugrünen bis grauschwarzen Beckenwasserverfärbungen kommen.

ALGENWACHSTUM EINFACH STOPPEN

Algen sind ein- oder mehrzellige Pflanzen, die als Sporen mit dem Staub der Luft in das Beckenwasser gelangen. Für ihr Wachstum benötigen Algen neben warmem Wasser, Sonnenlicht und Kohlendioxid auch Nährstoffe wie Nitrate und/oder Phosphate. Diese organischen Nährstoffe gelangen über das Füllwasser und durch die Badenden in das Schwimmbadwasser. Als Produzenten von organischen Stoffen sind Algen eine ständige Quelle unhygienischer Beckenwasserbelastung, indem sie abgestorben als Nährboden für Bakterien, Pilze oder andere Mikroorganismen dienen. Je nach Algenart schwimmen sie als Grünalgen meist im Wasser oder bilden als dunkle, glitschige Beläge einerseits eine latente Unfallgefahr und andererseits bieten sie einen optisch unästhetischen Anblick. Die Vermehrung kann, je nach Witterung bzw. Klimabedingungen, sehr schnell erfolgen, wobei dann sogenannte Totzonen mit schlecht oder gar nicht mit Desinfektionsmittel durchströmten Beckenbereich bevorzugt als Belastungsgrund dienen. Sofern die Algen noch nicht resistent sind, reicht in der Regel zur Abtötung eine Hochchlorung mit rund 1,0 bis 1,2 mg/1 Chlor. Früher häufig verwendetes Kupfersalz kommt heute, nicht zuletzt wegen der Gefahr von Haarverfärbungen bei Überkonzentrationen, so gut wie nicht mehr zum Einsatz. Als zuverlässiges Mittel gegen Algenbewuchs haben sich inzwischen sogenannte Quats (quaternäre Ammoniumsalze) und schaumarme Poyquats bewährt. Wie die Praxis gezeigt hat, lässt sich mit einer optimalen Beckenhydraulik sowie einer fachgerechten Filtration und sorgfältigen chemischen Beckenwasserpflege Algenwachstum in Schwimmbecken weitgehendst verhindern.

Hinweis: In der vierten und letzten Folge der Schwimmbadserie über verfahrensgerechte Beckenwasseraufbereitung werden in der nächsten pool-Ausgabe die Vor- und Nachteile der verschiedenen chemischen Desinfektionsmittel und physikalischen Desinfektionssysteme praxisbezogen näher erläutert und gleichzeitig wird auch unter Kosten-Nutzen-Aspekten auf die handelsüblichen analytischen Mess- und Regelautomatiken Bezug genommen.

 

Christoph Saunus

Pool 1997

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