Naturheilmittel Seeschlick und Meerwasser - Christoph Saunus

Teil 1

- Anlagentechnische Planungskriterien -

Omnias vita ex mare - alles Leben stammt aus dem Meer

Diese Behauptung der alten Römer hat die moderne medizinische Wissenschaft inzwischen zweifelsfrei bewiesen. Seit Generationen wird in Norddeutschland - zwischen Alpenrand und Waterkant weithin gerühmt - die biologische Meeresheilkunde mit Blick zurück zur Natur pur in eine gesundheitsbewußte Zukunft außerordentlich erfolgreich praktiziert. Die Verwendung von Naturschlick und Meerwasser zur Heilung von Krankheiten oder Linderung von Beschwerden ist eine jahrtausendalte bewährte Natur-Therapie. So lehrte bereits Hippokrates (460-377 v. Chr.) in der Ärzteschule auf Kos die „Heilkunde des Meeres". In der medizinischen Fachsprache als „Thalasso- Therapie" bezeichnet, bedeutet sie - vom griechischem Wort „Thalatta" abgeleitet - „Meeresanwendung".

1. Rückblick

Die seit alters her unbestrittenen Naturheilkräfte der „Schatzkammer Meer" beruhen weitgehend auf ihren komplexen physikalischen, physikalisch-chemischen und chemischen Wirkfaktoren. Bereits im vergangenen Jahrhundert zwischen 1797 bis 1809 entstanden It. Bäderchronik auf den ostfriesischen Inseln Norderney, Wangerooge und  Keroog die ersten Seebäder an der deutschen Nordseeküste. Daneben erlangten 1826 Helgoland und 1855 Westerland auf Sylt große Bedeutung als Heilbäder. In der Anwendung der medizinisch-naturwissenschaftlichen Heilkunde erwarb sich der Badearzt Carl Gmelin auf der Nordseeinsel Fähr besondere Verdienste. Nicht zuletzt deswegen errichtete man dort 1926 eine bekannte bioklimatische Forschungsstelle. Selbst an der argentinischen Küste und im Lagunenschlamm von Cordoba badet man heute noch umgeben von wärmender Sonne in natürlichen Schlick-Sitzbädern.

2. Allgemein

Nach verlässlichen Schätzungen leidet fast jeder zweite Bundesbürger an Zivilisations-Erkrankungen, wie z.B. im Bereich des rheumatischen Formkreises und der Atemwege, an Funktionsstörungen bzw. Allergien der Haut sowie an neuro-vegetativ bedingten Krankheitssymptomen. Die bedauerliche Folge ist eine stetig steigende Tendenz in Richtung Frühinvalidität mit den daraus resultierenden Sozialkostenexplosionen. Behandelt werden diese Krankheiten entweder stationär in Krankenhäusern und ambulant in Form offener Badekuren, wobei letzteres kostengünstiger sein soll. Da aufgrund des gestiegenen Gesundheitsbewusstseins die im Zeitalter moderner Medikation häufig angewandte Praxis, Patienten mit Pharmaka „zuzumachen", immer weniger Zustimmung findet, bietet sich gerade für die biologische Naturheilkunde ein weites Anwendungsgebiet. Die schier unerschöpfliche „Schatzkammer Meer" wird künftig - soweit nicht schon geschehen - hierzu einen entscheidenden Beitrag leisten. Der Weg zurück zur Natur bedeutet, wie eingangs erwähnt, gleichzeitig auch Fortschritt, wenn neueste Erkenntnisse und innovative Technologien Berücksichtigung finden.

Unter den Aspekten der Umweltbelastung, der sinnvollen Schonung von Ressourcen und nicht zuletzt auch aus volks- und betriebswirtschaftlichen Erwägungen heraus sollte allerdings die Devise bei der Heilbehandlung lauten: „So viel wie nötig, sowenig wie möglich". Diese Erkenntnis stehtauch im Einklang mit der heutigen Lebensweisheit, dass die richtige Dosis den Heilerfolg bestimmt. Grundvoraussetzung muss jedoch eine hygienische weitgehend naturbelassene Heilanwendung nach modernsten bäderwissenschaftlichen Erkenntnissen sein.

Das Bundesland Schleswig-Holstein hat mit seinen 30 staatlich anerkannten Heilbädern und Kurorten an Nord- und Ostseeküsten, was die hygienische Anwendung von Meeres-Naturheilverfahren nach den Arzneimittel-Qualitätsstandards betrifft, inzwischen europaweit die Vorreiterrolle übernommen. Um diese zukunftsweisenden Vorstellungen im volkswirtschaftlich vertretbaren Rahmen zu realisieren, wurden, aufbauend auf bereits bewährter Technik, neue Technologien weiterentwickelt.

Der folgende Beitrag beschreibt diese dem neuesten Stand der Technik entsprechenden Anlagen mit gezielten Hinweisen auf die bereits oben erwähnten strengen Hygieneforderungen und die daraus resultierenden Probleme bei der technischen Umsetzung. Gleichzeitig wird auf die für eine Funktionssicherheit unerlässlichen Kriterien einer fachgerechten Planung und sachgerechten Werkstoffbestimmung unter den besonderen Aspekten der meerwasserbedingten Korrosionsproblematik besonders eingegangen. Denn wie heißt es doch treffend? „Qualität ist kein Zufall, sondern all das, was man nicht bewusst wahrnimmt, weil es funktioniert." Dagegen können sogenannte Billigprodukte bisweilen teuer zu stehen kommen.

3. Seeschlick - Entstehung und Eigenschaften

Seeschlick bildet sich in Jahrtausenden als Naturboden durch Ablagerungen des Meeres aufgrund des Gezeitenwechsels (Tiden) Ebbe und Flut, wobei eine permanente Erneuerung stattfindet. Im Gegensatz zur Nordsee gibt es in der Ostsee aufgrund fehlenden Watts keine Seeschlickvorkommen. Watt ist in diesem Zusammenhang allerdings nicht als energetischer Friesenscherz zu verstehen: „Wir brauchen uns um Strom nicht zu kümmern, denn hinter dem Deich ist genügend Watt" .

Der aus dem Nordsee-Wattenmeer gewonnene Schlickboden, auch liebevoll „Heilerde des Meeres" genannt, ist eine zähe, salbenartige, dunkelgrau- bis blauschwarze tonartige Masse mit 45 - 50% Tonanteilen, welche sich wieder sehr rasch wasserseitig entmischt. Die mechanische Analyse der Trockensubstanz zeigt rund 93% Korngrößen unter 0,1 mm. Naturfeucht enthält die Substanz zwischen 40 - 60% Wasser und ca. 3,8% wasserlösliche Salze. Der organisch aktive Anteil im Naturschlick ist mit 2% relativ gering. Der Schlick enthält u. a. lebenswichtige Mineralien, wie Calcium, Kalium, Schwefel, Phosphor und Bittersalz. Diese Wirkstoffe sollen sich allerdings bei der Schlickbehandlung nur bedingt auf den Körper übertragen. Außerdem sind die Einzeleffekte der Substanzen hinsichtlich ihrer therapeutischen Wirkung noch weitgehend unerforscht. Die Krankheiten heilende bzw. lindernde therapeutische Wirkung von Naturschlick beruht daher im wesentlichen auf dem thermophysikalischen Überwärmungseffekt (hohe Wärmekapazität, geringe Wärmeleitfähigkeit) und dem Fehlen der Konvektion (innere Umspülung). Über den Organismus greifen sie in die komplizierten Regelkreise des Stoffwechsels ein. So gleicht sich z.B. die mit der Haut in Berührung kommende Schlickschicht sehr schnell der Hauttemperatur an. Da die Wärmeleitung aus dem Schlick nur langsam erfolgt, wird z. B. Schlickbrei von 42 °C nicht heißer empfunden als ein Wasserbad von 37°C. Hierdurch wird dem Körper eine vielfach größere Wärmemenge zugeführt als durch ein Wasserbad oder Saunabaden.

Der wesentliche Unterschied zwischen Wasser und plastisch-viskosem Schlickbrei liegt im Wärmetransport bzw. in der Wärmeleitung, definiert als Wärmehaltung. Je höher die Wärmehaltung, desto gleichmäßiger und schonender ist der Wärmefluß auf der Haut des Patienten.

Zum Vergleich: Wärmehaltung von Bademoor ca. 700-1000, Schlick ca. 500 und Fango 330-450 sec/cm2 . Hierzu ein Sauna-Beispiel bei gleichen physikalischen Wärmeübergabebedingungen: Auf 90:C heißen Holzbänken kann man problemlos sitzen, jedoch keinesfalls 90:C heißes Metall berühren, da aufgrund seiner geringen Wärmehaltung die entzogene Wärmeenergie an der Berührungsstelle äußerst schnell nachfließt.

Ein 15 Minuten dauerndes Schlickbad erhöht die Körpertemperatur langsam ohne evtl. Gefahr von Hautverbrennungen um 1-1,5=C; gleichzeitig findet eine chemische Reaktionsbeschleunigung der Stoffwechselvorgänge um ca. 10% statt. Indem der Körper die von außen zugeführte Wärme aufnimmt, wird das körpereigene Leistungsdefizit substituiert und der Körper „lernt" wieder, die plötzliche Wärme durch bessere Durchblutung zu kompensieren.

3.1 Anwendungsvoraussetzungen

Entsprechend den „Leistungsbeschreibungen für physikalische Heilbehandlungen" wird der mit der Haut in direkten Kontakt gekommene sogenannte „abgebadete" Schlick in der Regel nicht erneut wiederverwendet. Da die therapeutische Primärwirkung des Schlicks, wie bereits erwähnt, auf dem Überwärmungseffekt beruht, gibt es, nicht zuletzt wegen regionaler Ressourcenprobleme, den teilweisen nicht unerheblichen Transportkosten und der Notwendigkeit einer ökologisch umweltgerechten Entsorgung, Überlegungen, den Schlickdurch entsprechende Sterilaufheizung bzw. thermische Desinfektion einer hygienischen Wiederverwendung zuzuführen. Bestärkt wurde man aufgrund von Untersuchungen, die belegen, dass im abgebadeten Schlick, d.h. nach der Schlicknutzung keine erhöhten Keimbelastungen feststellbar waren.

Die zunehmenden biologischen und chemischen Schlickbelastungen, z. B. durch Schwermetalle usw., sowie die fortschreitende Zerstörung des hochsensiblen schutzbedürftigen Öko-Reservats „Wattenmeer" durch Industrialisierung, wie z.B. Off-shore-Technik, haben die schleswig-holsteinische Landesregierung sinnvollerweise veranlasst, der o.a. Problematik verstärkt durch wirksame Naturschutzstrategien zu begegnen.

3.1.1  Qualitätssicherung

Da die Herstellung und Verwendung von Seeschlick und Meerwasser als natürliche Heilmittel den Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes (AMG) unterliegen, hat der Heilbäderverband Schleswig-Holstein zur optimalen Qualitätssicherung der in den Heilbädern verabreichten Kurmittel Anfang 1990 in Kiel eine sogenannte Zentrale für die Herstell- und Kontrolleitung eingerichtet. Die unter 212 Qualitätsstandards beschriebenen Anforderungen an die Analytik und insbesondere an die Qualität der Naturheilmittel sind so streng, dass diese selbst mit den derzeit zur Verfügung stehenden modernen Aufbereitungstechnologien nicht problemlos realisierbar sind.

Daher erscheint es notwendig, die Thematik unter den Aspekten des technisch Machbaren und Ökologisch-ökonomischen volkswirtschaftlich sinnvoll zu versachlichen. Anderenfalls wird die Meeresheilkunde aufgrund „Selbstloser Fürsorge" mit eingeengtem Virusblick zur bürokratisch selbstverherrlichenden Denkmalpflege, bei der die Heilbäder baden gehen und nicht mehr ihre Patienten. Wo der unsägliche Dirigismus zur „absoluten Sicherheit" hinführt, die es bekanntlich nie gibt und geben wird, da das Leben nun mal lebensgefährlich ist, zeigen eindrucksvoll die vielen praxisfremden rigoros erlassenen Vorschriften, Richtlinien etc. in anderen Bereichen, die zwischenzeitlich der Vernunft folgend auf den Datenfriedhöfen gelandet sind und durch die EG-Harmonisierung noch weiter verstärkt landen werden.

Die unzähligen Ausnahmeregelungen im gesamten Hygienespektrum, sowohl in den alten als auch in den neuen Bundesländern, zeigen, wie man mit kompetenter Sensibilität trotz Vorschriftenflut wirkungsvoll dem gesundheitlichen Allgemeinwohl dient, denn, wie das tägliche Leben dokumentiert, sind die Risikofaktoren beim Menschen glücklicherweise nicht grenzenlos. Zielrichtung sollte es daher sein, eine für alle nutzbringende Symbiose sowohl zwischen dem „Kurbaden" in freier Natur als auch in speziellen Einrichtungen zu finden. Denn was einerseits als anerkannt gesundheitsfördernd gilt, z.B. Schlickwandern und Meeresbaden, kann andererseits, als Kurmedium um viele Jahrzehnte erfolgreich angewandt, nicht plötzlich so gesundheitsschädlich sein, dass es selbst einer rigorosen angeblichen „Heilung" zugeführt werden muss.

Angesichts von Pressemeldungen, wie „Geht die ambulante Kur baden? Heil und Kurbäder mit Zukunftsängsten! Ist der Lebensnerv der Kur getroffen?" oder „Kuren müssen für den Bürger bezahlbar sein!" sollte man wohl den kostenblinden Heilspredigern der absoluten Sicherheitsutopie selbst der o.g. Heilung zuführen.

Der Verteilungskampf um die Gelder des Gesundheitswesens hat nämlich nicht nur zwischen den 268 staatlich anerkannten westdeutschen Heilbädern und Kurorten begonnen, sondern auch zwischen dem sich grenzenlos öffnenden europäischen Binnenmarkt, der „Billig- Bäder"-Konkurrenz der östlichen Nachbarstaaten und den modernisierungsbedürftigen 38 bislang zugelassenen Bädern der neuen Bundesländer.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass in den ehemals sozialistischen Staaten nicht nur die Kurortmedizin einen außerordentlich hohen Stellenwert hatte, sondern auch die kurortmedizinische Forschung ein bemerkenswertes Niveau.

3.1.2 Schlick-Qualitätstandards

Der Heilbäderverband Schleswig-Holstein e.V. unterscheidet bei der mikrobiologischen, chemischen und physikalischen Untersuchung von Meerwasser, Wasser aus Tiefbrunnen, Solen sowie Schlick, Lehm, Torf/Moor zwischen drei Stufen (I-III).

I. Einfache Prüfungen vor Ort durch angelerntes Personal, z. B. pH-Wert-, Leitfähigkeits-, Ammoniak- und Nitritnachweis mit Testset.

II. Mikrobiologische Überprüfungen, Routineanalytik, ehem. Parameter, bestimmte Schadstoffuntersuchungen werden in den beiden beauftragten Instituten in Kiel und Lübeck durchgeführt. Diese werden unter Bezug auf § 14, Abs. 4 AMG in die Herstellungserlaubnis mit aufgenommen.

III. „Große Schlick/Mooranalyse", vollständige Analyse gem. Trink WV plus evtl. wichtige Schadstoffe. Entsprechende Forderungen der Zulassungsbehörde, auch seltener vorkommende Schadstoffe, evtl. Herbizide, Dioxine usw.

Die Häufigkeit der Analytik bei Schlick, Moor/Torf und Lehm zum Baden ist wie folgt:

a) Mikrobiologische Untersuchungen: bei ständiger Gewinnung Die Prüfungen werden ab Untersuchungsbeginn - während der ersten 3 Monate in jeweils 2wöchigem, - danach in jeweils 4wöchigem Abstand vorgenommen.

b) bei nicht ständiger Gewinnung Werden Moor, Schlick oder Lehm nicht ständig gewonnen, so erfolgen die Prüfungen pro Anlieferung (Charge), und zwar bei einer Standzeit der Charge

- von bis zur vier Wochen: einmal vor Beginn der Charge

- von bis zu zwölf Wochen: je einmal zu Beginn und in der Mitte der Charge

- von bis zu sechs Monaten: je einmal zu Beginn, nach sechs Wochen und in der Mitte der Charge.

c) Chemische Untersuchungen - offene Lagerstätte:

Ammoniak und Nitrit täglich nach Stufe I, Schadstoffe 2-4 mal jährlich nach Stufe II, große Analyse mindestens alle 5 Jahre nach Stufe III.

Geschlossene Lagerstätte: Ammoniak und Nitrit monatlich nach Stufe I, Schadstoffe 1 mal jährlich nach Stufe II, große Analyse alle 5 Jahre nach Stufe III.

d) Physikalische Untersuchungen: Sinnesprüfung, pH, mechanische Verunreinigungen, produzierte/gewonnene Menge täglich nach Stufe I.

e) Siebkornanalyse und Wärmehaltevermögen 2-4 mal jährlich nach Stufe I oder II. (siehe Tabelle 2)

Des weiteren heißt es in den Qualitätsstandards wörtlich: „Ein Überschreiten der Grenzwerte führt immer dann zur Sperrung der Abgabe des jeweiligen Arzneimittels, wenn nicht durch geeignete und sofort durchgeführte Reinigungs- und Desinfektions- oder Sterilisationsmaßnahmen die Qualität vor erneuter Abgabe gewährleistet ist. Gegebenenfalls ist das Ergebnis einer Kontrolluntersuchung abzuwarten. Die Entscheidung der Freigabe trifft in jedem Fall der Herstell- und Kontrolleiter."

 

3.2 Behandlungsmethoden

Die Anwendungsmethode mit Seeschlick wird in Kurkliniken bzw. Kurmittelhäusern von erfahrenen ortsansässigen Badeärzten, falls notwendig in Verbindung mit Meerwasseranwendungen, auf die noch separat eingegangen wird, als spezielles Kurpaket zur Vorbeugung, Linderung oder Heilung zusammengestellt. Die Indikations- und Kontraktionsbehandlungen beinhalten in der Regel die in der Grafik dargestellten Körperregionen und -funktionen.

Bei ortsgebundenen Naturschlickanwendungen handelt es sich um passive Therapiemethoden in Form von warmen Ganz- oder Teilkörper-Wannenbädern und um warme oder kalte Schlickpakkungen zur gezielten bzw. lokalen Therapieanwendung. Negative Neben- und Wechselwirkungen sind in Verbindung mit Naturschlick nicht bekannt.

3.3 Klassische Schlick-Waanenbäder

Klassische Vollschlickwannen aus 4 mm dickem, hochkorrosionsbeständigemChrom-Nickel-Molybdän-Titan-Edelstahlwerkstoff Nr. 1.4571 haben ein Füllvolumen von ca. 300 Litern und Schlicksitzwannen zur Teilkörpertherapie von ca. 80 Litern. Zur Befüllung, Entleerung, Schlickverdünnung und Reinigung sind die Badewannen mit folgenden Anschlüsse versehen:

- Schlickzulauf DN 80

- Schlickablauf DN 100

- Seewasser warm + kalt DN 20

- Süßwasser warm + kalt DN 15

Bei Sitzwannen beträgt der Schlickzulauf DN 50 und der Ablauf DN 65. Für die Mobilität und Sicherheit des Patienten ist es sehr wichtig, dass die relativ großen Wannen ausreichend Handgriffe bzw. Hilfseinrichtungen haben. Außerdem ist im Wannen-Behandlungsraum eine geflieste Reinigungsdusche und gegebenenfalls ein hydro-thermostatisch geregelter Herz- bzw. Kopfkühler als sogenannte Sofortmaßnahme bei Kreislaufüberlastungen bzw. -problemen vorzusehen.

3.3.1 Neue Wannensysteme

Um den inzwischen „kostbar-teuren" Schlick zu strecken bzw. den Schlickverbrauch zu minimieren oder auf den Punkt gebracht, damit uns der direkte Kontakt mit dem Naturheilmittel Schlick noch lange erhalten bleibt, wurden zwischenzeitlich neuartige Spezialwannen entwickelt. So gibt es z.B. ergonomisch körpergerecht mit integrierter Wirbelsäulenentlastung nahtlos geformte glasfaserverstärkte Sanitär-Acryl-Wannen mit reduziertem Bademedium-Füllvolumen von ca. 120 Litern. Bei körperlich korpulenten Patienten können diese sogenannten Sparwannen allerdings Probleme bereiten. Wichtig ist, dass der Badende zur Entlastung des Kreislaufs bzw. Verringerung des hydrostatischen Drucks eine möglichst senkrechte Oberkörperposition hat.

Die Firma Gebrüder Haslauer ist mit ihrem patentierten Flexiwannen-System einen völlig neuartigen Spar-technologischen Weg gegangen. Eine sogenannte „flexible" Wanne, bestehend aus einer elastischen Trennfolie, befindet sich in einer äußeren Moorbrei-Badeanlage aus Edelstahl mit ca. 560 Litern Inhalt. Über eine elektronische Wochenprogrammuhr wird die Sekundär-Moorfüllung individuell beheizt und durch eine integrierte Spezial- pumpe in den Bereich unter die Folie gefördert und umgewälzt. Oberhalb der Trennfolie befindet sich, über ein zentrales Schlickversorgungssystem eingepumpt, die vorgewärmte „Primär-Schlickbefüllung" von ca. 30-50 Litern, in der der Patient bequem liegend therapiert. Nach der Behandlung erfolgt die Patienten-Vorreinigung direkt in der Wanne mit dem positiven Nebeneffekt, dass das Reinigungswasser den abgebadeten Schlickbrei zusätzlich verdünnt. Zur anschließenden Entleerung und Reinigung bzw. Desinfektion wird die elastische Folie mittels eines integrierten Gebläses luftkissenähnlich in konkaver Wannenform nach oben ausgeformt. Danach fällt die Folie durch Luftablassen in die ursprüngliche Form zurück. Ständig technisch optimiert gibt es mit diesem Sparsystem inzwischen jahrelange positive Praxiserfahrungen. Ergänzend zu der schematischen Funktionsdarstellung weist das Wannensystem folgende Besonderheiten auf:

- die den Körper umgebende Schlick- Peloidschicht reicht zur Therapiewirkung

- Schlickersparnis ca. 9 %

- Verringerung der Investitionskosten für die zentrale Schlickaufbereitungsanlage

- Verringerung der Energiekosten

- Verringerung der Entsorgungskosten respektive Entsorungsproblematik

- zusätzliche Möglichkeiten der gezielten segmentalen Überwärmung innerhalb der Wanne

- bequemer Wanneneinstieg durch integrierte Hubvorrichtung

- Rückenmuskulatur entspannte (schwebende) Patientenlage aufgrund flexibler Wannengestaltung (Folie)

- Reduktion des hydro-statischen Drucks durch verringerte Schlickschichtdicke

- Möglichkeit der Verabreichung von Teilbädern

Als ganz neue Weiterentwicklung verwendet die Firma 'Haslauer für ihr Flexiwannen- System Typ II anstelle der bisherigen Sekundär-Moorfüllung jetzt sogenannte Kunststoffkügelchen in Verbindung mit Wasser zur anatomisch optimalen Körperlagerung.

3.4 Naturschlick-Packungen

Die Behandlungsanwendungen von Schlick-Packungen erfolgt bei Kurkliniken und Kurmittelhäusern mit zentraler Naturschlickaufbereitung, in der Regel mit klassischem maritimen Peloid. Unter Peloid versteht man die Behandlung mit oberflächenaktiven Stoffen, wie z. B. Moor, Torf, Schlamm, Heilerde o. ä. Der unverfälscht im Urzustand belassene, lediglich auf ca. 50°C erwärmte Schlickbrei wird im Gegensatz zu Wannenbädern unverdünnt in dickbreiiger Konsistenz mit einer sogenannten Temperatur- Nivellierungs-Schichtdicke von ca. 20 - 40 mm auf eine umweltverträgliche und grundwasserneutrale PE-Folie ausgebreitet. Nachdem der Warmschlick während des Auskleidens des Patienten die indifferente Anwendungs- bzw. Applikationstemperatur von ca. 45-47°C erreicht hat, legt sich der Patient mit den zu behandelnden Körperpartien bzw. Extremitäten direkt in den Schlick und wird anschließend in eine Decke eingeschlagen. Bei Gelenkbehandlungen wird das gesamte Gelenk mit dem sich optimal modellierenden Schlickbrei umhüllt. Je nach Behandlungsumfang werden ca. 2-8 kg Schlick benötigt. Die Packungen werden zwei- bis dreimal wöchentlich verabreicht, wobei temperaturmäßig die individuell subjektive Empfindlichkeit und Verträglichkeit des Patienten besonders zu berücksichtigen ist.

Nach ca. 20-minüfigem Verbleib in der Schlickpackung erfolgt die Körperreinigung, wobei eine porentiefe Reinheit nicht unbedingt empfohlen wird. Denn wie bei Wannenvollbädern, sollen sich auch bei Packungsbädern verbleibende Reststoffe auf der Haut während der Nachruhe positiv auswirken. Die ca. 20- minütige Nachruhe in sogenannter Trokkenpackung dient zur Stabilisierung der Thermo-Regulation.

Bei  rheumatischen und entzündlichen Erkrankungen verwendet man heute vermehrt auch Schlick- altbreipackungen mit ca. +3°C zur Erreichung von Linderungseffekten und bei Kontraktionen als Vorbereitung zur Bewegungstherapie. Das Wirkverhalten von Kaltbrei-Packungen ist ebenso gleichmäßig schonend wie bei Warmbrei-Packungen, allerdings im umgekehrten Sinne. Im Gegensatz zum thermischen Effekt bewirkt die sogenannte Kryotherapie in Verbindung mit Naturschlick aufgrund der geringen Leitfähigkeit einen sich positiv auswirkenden langsamen und gleichmäßigen lokalen Wärmeentzug.

Packungen werden üblicherweise auf konventionellen Behandlungsliegen verabreicht mit den hinlänglich bekannten Nachteilen, wie z.B.

- Unsicherheit durch eingeschränkte Beweglichkeit auf der schmalen Liege

- Muskelverpannung beim Liegen durch Schonhaltung

- Negativreaktionen beim plötzlichen Kontakt mit der heißen Packung. Aus diesen Gründen hat die Firma Haslauer ein sogenanntes Soft-Pack-System entwickelt, das folgende therapeutische Behandlungsvorteile bietet:

- druckstellenfreie, der Körperform angepasste anatomische Lage

- Applizieren der Packung mit indifferenter Temperatur

- Halten einer konstanten Behandlungstemperatur durch Nacherwärmung

- gleichbleibende Medium-Schichtdicke bei optimalem Körperkontakt.

3.4.1 Konfektionierte Packungen

Der Vollständigkeit halber sei noch auf die Möglichkeit sogenannter konfektionierter Warm- oder Kaltschlickpackungen hingewiesen. Obwohl der Schlick aufgrund der Packungsfolie keinen direkten Kontakt mit dem Patienten hat, favorisieren Fachleute, nicht zuletzt aus hygienischen Gründen, das Einwegprinzip gegenüber der Vielfachverwendung. Außerdem sollten wegen der Gefahr des Wärmestromabrisses und Verschiebens in Verbindung mit mehreren Packungen nur einteilige Packungen Verwendung finden.

Die sich bei Schlick ergebende typische gleichmäßig ansteigende Behandlungstemperatur wird gegenüber der Schockwärme, wie sie bei anderen Medien, mit Ausnahme von Moor, auftritt, günstiger beurteilt und auch als wesentlich angenehmer von Patienten empfunden. Der direkte Hautkontakt fehlt allerdings bei dem ansonsten einfach zu handhabenden konfektionierten Packungssystem. Der Einsatz bzw. die Nutzung des o. a. Packungskonzepts ergibt sich weitgehend aus der Kostensituation, respektive der Entfernung zu den Schlickvorkommen. Deswegen sind auch die Bewertungs- bzw. Beurteilungskriterien regional sehr unterschiedlich.

3.5 Betriebszeitabläufe

Als Benutzungszeiten für Vollwannenbäder kann man folgende Richtwerte zugrunde legen:

5 Minuten Umziehen

2 0 Minuten Schlickanwendung

5 Minuten Abduschzeit

2 0 Minuten Nachruhe

10 Minuten Umziehen

Dieses ergibt eine Verweilzeit von ca. 60 Minuten pro Patient und Kabine. Um mit einer Wanne innerhalb 1 Stunde 2 Behandlungen mit der erforderlichen Wannenreinigung und Neubefüllung durchzuführen, sind 2 separate Patientenkabinen erforderlich. Personalmäßig ist in der Regel ein Behandler für jeweils 3 Patienten gleichzeitig zuständig.

Die Behandlungszeit für Schlickpackungen ist weitgehend identisch mit der für Vollwannenbäder, wobei allerdings ein Behandler ca. 8 Patienten gleichzeitig betreut.

3.6 Naturschlickaufbereitung

Da man Schlickbäder und Schlickpackungen nach den „Leistungsbeschreibungen für physikalische Heilbehandlung" nur einmal verwenden soll, ist es aus wirtschaftlichen Überlegungen sinnvoll, besonders in Verbindung mit Vollwannenbädern und nicht zuletzt auch wegen der ständig steigenden Personalkosten, Naturschlick zentral aufzubereiten und über Ringsysteme rationell zum Verwendungsort zu transportieren. Der Seeschlick bzw. Schlickbrei wird hierbei naturbelassen kontinuierlich umgewälzt und über Rührwerke entsprechend erwärmt (nacherwärmt), so dass er jederzeit direkt an den Einrichtungen verwendungsgerecht zur Verfügung steht.

Die Anlagengröße und der Automatisierungsumfang richten sich nach der Anzahl und Art der Schlickanwendungen und sind letztlich auch eine Frage des zur Verfügung stehenden Investitionskostenvolumens.

Naturschlickanwendungen sind eine hervorragende Therapiemöglichkeit, aber auch eine relativ teure. Wie die beiden folgenden Praxisbeispiele zeigen, lässt sich jedoch die Kostensituation, auch unter volkswirtschaftlichen Aspekten gesehen, durch moderne und sinnvolle Technologien einigermaßen in den Griff bekommen.

3.7 Beispiel Kurmittelhaus Amrum

Das neue Kurmittelhaus der Gemeinde Wittdün auf der nordfriesischen Ferieninsel Amrum liegt inmitten idyllischer Dünenlandschaft nur wenige Schritte vom endlos schneeweißen Nordsee-Meeresstrand entfernt. Obwohl Amrum keine eigenen Naturschlickressourcen besitzt, hat man sich seitens der Kurbetriebe trotzdem für eine moderne Schlickabteilung entschieden, um den Urlaubern und Kurgästen die therapeutische Nutzung eines kompletten nordseespezifischen Heilbadangebotes zu ermöglichen. Die physikalische Therapieabteilung hat folgende Einrichtungen:

2  Meerwasser-Wannenbäder

1 elektrogalvanisches Stangerbad mit Unterwassermassage

2 Einzelinhalationen

1 Rauminhalation

2 Schlick-Wannenvollbäder sowie Naturschlick- Packungen.

Der Rohschlick, von den Einheimischen liebevoll „Meeresheilschlamm" genannt, kommt über einen beschwerlichen Weg  von der Nachbarinsel Föhr. Er wird dort mit Schaufeln dem Wattenmeer entnommen und erreicht nach mehrmaligem Umladen von LKWs auf Schuten, über beschwerlichen Seeweg endlich seinen Verwendungsort. Der abgebadete Schlick fließt in einen Schlammfang und wird dann von einer ortsansässigen Gärtnerei landwirtschaftlich genutzt. Der sehr umständliche und dadurch sehr kostenaufwendige Transport und die bei so einem umweltsensiblen Projekt unerläßlichen Überlegungen hinsichtlich einer Ressourcenschonung erforderten eine optimale und langfristige Schlicknutzungsplanung sowohl ökologisch als auch volkswirtschaftlich ökonomisch.

 

 

 

Naturheilmittel Seeschlick und Meerwasser - Teil 2

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Omnias vita ex mare — Alles Leben stammt aus dem Meer.

3.7.1 Kapazitätsplanung

Aufgrund der Kapazitätsvorgaben von täglich ca. 60 Schlickpackungen und ca. 20 Schlickwannen-Vollbädern hat man sich sinnvollerweise auf eine Teilautomatisierung beschränkt. Um den bei konventionellen Schlickwannen üblichen Schlickverbrauch drastisch von ca. 300 auf ca. 50 Liter zu reduzieren, wurden 2 Haslauer „Flexi-Wannen-Systeme", wie unter 3.4.1 „Neue Wannensysteme" beschrieben, installiert. Diese Therapiekonzentration hat sich zwischenzeitlich hervorragend in der Praxis bewährt, sowohl was den kurbetrieblichen Ablauf, als auch die Akzeptanz bei den Patienten betrifft.

3.7.2 Funktionsbeschreibung

Für die Erwärmung des naturbelassenen unverdünnten Packungsschlicks stehen 2 neue Warmrührwerke mit 400 und 150 Liter Nutzvolumen zur Verfügung. Die Schlickerwärmung auf ca. 50 °C erfolgt indirekt über den Doppelmantel der Rührwerke innerhalb von ca. 2 Stunden mit Heizungswasser 90 / 70 ° C . Als Reseive dient ein älteres elektrobeheiztes Warmrührwerk mit 100 I Inhalt.

Die Beschickung der Packungs- und Wannen- Schlickrührwerke erfolgt manuell mittels Schaufel, nachdem man mit anderen Hilfsmitteln, wie Kettenzug o. ä. keine befriedigenden Ergebnisse erzielt hat. Nach dem Abfüllen der Packungsmassen aus den Warmrührwerken werden die Eimer von der Schlickküche in die unmittelbar daneben befindliche Anwendungsabteilung gebracht. Aufgrund des geringen Schlickverbrauchs der 2 Haslauer-Spezialwannen reicht zur Badeschlickversorgung ein 1 O00-I-Doppelmantel- Warmrührwerk. Die Aufheizzeit ist abhängig von der Schlickqualität und schwankt zwischen 2 und 3 Stunden. Der Badeschlick wird in dem erwähnten Rührwerk mit Meerwasser auf d ie entsprechende Konsistenz im Mischungsverhältnis z. B. 1:2 = 1 Teil Schlick und 2 Teile Wasser verdünnt und auf ca. 40°C erwärmt.

3.7.3. Wannenversorgung

Die Schlickversorgung der beiden Wannen erfolgt über eine Ringleitung DN100 und eine Dickschlammkreiselpumpe, Fabr. KSB, Typ KWPF 80 - 250 , mit einer Förderhöhe von 0,8 bar, einem Fördervolumen von 5,6 l/s und einer Motorleistung von 4 kW. Die Pumpengleitringdichtungen haben einen magnetisch gesteuerten Sperrwasseranschluß DN 15 zum Schutz gegen Beschädigungen durch Salzkristallablagerungen etc. Ein Spezial-PVC-Schlammschieber, der ursprünglich direkt vor der Pumpensaugseite montiert war, musste aufgrund von Funktionsstörungen beim morgentlichen Anfahren bedingt durch den kalten Schlick direkt an den Rührwerkaustritt versetzt werden. Auf der Pumpen-Druckseite befindet sich ein Polyprophylen- Grobfilter mit 5 mm Maschenweite, um größere Feststoffe aus dem Schlick-Umwälzsystem zu entfernen.

Die Schlick-umwälzleitungen sowie die Verbindungs- und Formteile sind aus druck-, korrosions- und temperaturbeständigem Glasfaser-Kunstharz (GFK), wobei die langkraftschlüssigen Verbindungen mit Zweikomponenten-Kleber hergestellt sind. Um das Ringsystem bei evtl. Verstopfungen o.a. Funktionsstörungen leicht reinigen bzw. auseinandernehmen zu können, ist es sinnvoll, die Leitungen leicht zugänglich zu installieren und ausreichend lösbare Flanschverbindungen innerhalb des Systems vorzusehen. Diese geringen Mehrkosten sind im Verhältnis zu den Anlagengesamtkosten und der daraus resultierenden späteren reparaturfreundlichen Nutzung mit Sicherheit gerechtfertigt. Dieses würde auch für evtl. von Hygienikern angedachte Systemdesinfektionen zutreffen. Des weiteren sind aus hydraulischen Gründen an Richtungsänderungen anstelle von Winkeln großradige Bogen vorzusehen.

Vor Betriebsbeginn wird der Schlick in den Rührwerken erwärmt und morgens und mittags mehrmals im Ringsystem umgewälzt. Ansonsten fördert die Schlickpumpe nur zur Wannenfüllung über Betätigung von Elektroschaltern, die in den Schlickwannen integriert sind. Die Entsorgung des Packungsschlicks erfolgt in einen bereitgestellten Container. Die Wannen entleeren sich über PE-Entwässerungsleitungen DN 100 mit freiem Gefälle 1:50 in ein ca. 10 m 3 großes Auffangbecken. Danach erfolgt die bereits erwähnte gärtnerische Weiternutzung.

3.8 Beispiel Kurmittelhaus Büsum

Im Nordsee-Heilbad Büsum startet man in einem neuen postmodernen Kurmittelhaus mit weithin sichtbar postmodernem Glas-Outfit direkt hinterm Deich die totale maritime Badeoffensive nach modernsten badewissenschaftlichen Erkenntnissen. Schwerpunkte des physikalischen Heilmittelangebotes Natur pur sind Nordseeschlick- und Meerwasseranwendungen in den verschiedensten Formen. Das Heilbad Büsum führt übrigens in Schleswig-Holstein die „Kurhitliste" an, da jeder 4. Besucher dort Kuranwendungen in Anspruch nimmt.

Im Gegensatz zu Amrum verfügt Büsum über beträchtliche eigene Schlickvorkommen, nicht zuletzt wegen des vorgelagerten, sehr ausgedehnten Nordseewattenmeeres. Gesundheitsfördernde ausgedehnte Watt- bzw. Schlickwanderungen in diesem einzigartigen Ökosystem gelten daher auch als das Wahrzeichen Büsums.

3.8.1 Anlagenbeschreibung

Die umfangreiche Schlickabteilung besteht aus 6 Edelstahl-Schlickwannen mit jeweils ca. 300 Litern Fassungsvermögen, einer Sitzwanne, ebenfalls aus Edelstahl, mit 80 Litern Inhalt und diversen Naturschlick-Packungseinrichtungen. Um die relativ große Schlickkapazität auch während der Hauptsaison im wirtschaftlichen Rahmen sicherzustellen, wurden die technischen Abläufe der Schlickaufbereitung weitgehend automatisiert. Die Richtigkeit dieser langfristigen Überlegungen wurde durch die fast 2jährige Praxis inzwischen bestätigt.

Die Schlickaufbereitung besteht im wesentlichen aus einer Rohschlickförderanlage mit integrierter Grobreinigung (Vorstufe), Fabr. Saxlund, 2 Warmschlick-Baderührwerken (Verarbeitungsstufe) und parallel dazu 3 Warmschlick-Packungsrührwerke als sogenannte Bereithaltungsstufe und den Leitungs-Versorgungssystemen.

3.8.2 Rohschlickförderanlage

Die im Container-Fahrzeug angelieferte Rohschlick wird in ein 56 m3 fassendes Schlicklager bzw. in einen Schlickbunker aus Stahlbeton gefüllt. Um eine evtl. Schlickaustrocknung bei längerer Lagerzeit zu verhindern, ist zusätzlich ein Meerwasser-Spül- bzw. Sprühsystem installiert. Auf dem Bunkerboden befindet sich ein Schubboden mit hydraulisch gesteuerten sogenannten Schubbodenleitern, die eine Leistung von max. 6000 kg/h haben. Beim öffnen des Ab - 90 Sperrschiebers in der Schlickzuleitung eines der Warmrührwerke wird automatisch über einen Armaturenkontaktschalter die Rohschlickförderanlage in Betrieb gesetzt. Die beiden gegenläufig arbeitenden ca. 8 m langen Schubbodenleitern schieben durch Unterfahren bzw. Unterschneiden eine ca. 3 m breite Schlickschicht direkt über dem Behälterboden gleichmäßig in den Übergabetrichter einer Siebmaschine mit integriertem Schwingsieb. Hier erfolgt eine Trennung des Rohschlicks von Bestandteilen > 10 mm. Das anfallende Uberkorn wird manuell abtransportiert. Während des vorstehend beschriebenen automatisierten Programmablaufes fördert gleichzeitig eine Dickstoff-Schnekkenpumpe kontinuierlich den von Grobstoffen gereinigten Schlick über ein Edelstahlrohrsystem DN 100 aus Werkstoff Nr. 1.4571 (V4A) zu den jeweiligen Packungs- bzw. Badeschlick-Warmrührwerken. Zum Schutz der Schlickpumpe hat das Versorgungssystem sowohl einen Trockenlaufschutz als auch einen 1O-bar-Uberdruckwächter. Die Excenter-Schneckenpumpe hat folgende Leistung:

- Fördervolumen 6 t/h

- Förderhöhe: 10 bar

- Motorleistung: 5,5 kW

Sämtliche schlickberührten Metallteile der Aufbereitungsanlage sind aus Edelstahl Werkstoff Nr. 1.4571, wobei die Stopfbuchsen aus Chrom-Nickel-Stahl- Werkstoff Nr. 1.430 bestehen. Zur evtl. Auskleidung des Stahlbeton- Schlicklagers siehe 3.8.7 - Schlickentsorgung. Die Praxiserfahrungen mit der beschriebenen neuartigen Kaltschlickaufbereitung haben gezeigt, dass dieses System eine sinnvolle Alternative gegenüber dem klassischen Kaltschlick-Rührwerksaufbereitungsverfahren mit zylindrischen Behältern ist. Gleichzeitig ließ sich aufgrund der Automatisierung in Verbindung mit dem neuen System auch die Größe der Warmschlick-Rührwerke reduzieren.

3.8.3 Warmschlick- Packungsrührwerke

Die 3 Packungsrührwerke haben ein Fassungsvermögen von 2 x 300 Liter und 1 x 500 Liter. Der naturbelassene Schlick wird durch den Doppelmantel der Rührwerke über Heizwasser 90 / 70 °C in ca. 1,5-2,0 Stunden auf ca. 50 °C erwärmt. Von der Schlickküche aus wird der erwärmte Schlick manuell abgefüllt und zur Anwendung direkt in die angrenzende Schlickabteilung, respektive Behandlungskabinen gebracht.

3.8.4 Warmschlick-Baderührwerke

Zur Warmbade-Schlickversorgung der 6 Edelstahlwannen und der Sitzwanne stehen 2 Rührwerke mit je 300 0 und 1500 Liter Nutzvolumen zur Verfügung. Die Rührwerke selbst haben eine Motorleistung von 4 kW. Die erstaunlich geringe Rührwerksschlickkapazität beruht nicht zuletzt auf der Möglichkeit, mit der Rohschlickaufbereitung, wie bereits unter 3.8.2 „Rohschlickförderanlage" ausführlich beschrieben, flexibel auf die Betriebsbedürfnisse zu reagieren. Um den Badeschlick auf eine pumpfähige Konsistenz zu bringen, wird dem Rohschlick in den Rührwerken Nordseewasser beigefügt. Die Badeschlickerwärmung auf etwa 40°C erfolgt sinngemäß wie beim Packungsschlick. Sämtliche schlickberührten Metallteile der Packungs- und Badeschlickrührwerke der Firma Unbescheiden sind aus Edelstahl Werkstoff Nr. 1.4571.

3.8.5 Wannenversorgung

Die Wannen werden über ein Ringsystem aus korrosionsbeständigen und kostengünstigen PVC-Rohren DIN8061/62 PN10 versorgt. Druckbeständige Rohrwerkstoffe, wie in Verbindung mit Excenterschneckenpumpen wegen der „unbegrenzten" Pumpen-Förderhöhe erforderlich, sind bei Kreiselpumpen mit pumpfähigem Badeschlick nicht notwendig. Anfängliche Bedenken gegenüber dem PVC Rohrwerkstoff wegen der thermischen und mechanischen (abrasiven) Beanspruchung haben sich nicht bestätigt. Auf die Notwendigkeit der Reparatur und reinigungsfreundlich geflanschten Rohrverlegung in Verbindung mit Bogen anstelle von Winkeln wurde bereits unter 3.7.3 „Wannenversorgung" eingegangen. Die installierte horizontale Dickschlamm- Kreiselpumpe mit Sperrwasseranschluß zur gleitringschonenden Wasserspülung, Fabr. KSB, Typ KWPK 80 - 250, hat ein Fördervolumen von 5,5 l/s, eine Förderhöhe von 1,5 bar und eine Motorleistung von 5,5 kW. Wie die Negativbeispiele der Praxis zeigen, herrscht bei der Armaturenbestimmung nicht nur aus korrosionstechnischen, sondern auch funktionstechnischen Gründen nach wie vor sehr große Unsicherheit. Im beschriebenen Projekt haben sich innerhalb der Rohrsysteme schwedische Stafsjöd-Stoffschieber aus massivem Edelstahl mit voller Durchgangsöffnung zum platzsparenden Flanschzwischenbau bewährt. Sämtliche medium berühren Teile sind aus hochkorrosions- und säurebeständigem Chrom-Nickel-Molybdän Edelstahl Werkstoff Nr. 1.4436 in Verbindung mit EPDM Weichdichtungen.

3.8.6. Wannen-Behandlungsbereich

Die Edelstahl-Schlickwannen, Fabr. Unbescheiden, haben ein verlängertes Fußteil zur Integration der Armaturen. Die Schlickbefüllung erfolgt über spezielle Kugelhähne DN 80 aus Edelstahl (1.4571) mit verlängerter Spindel zur Steckschlüsselbetätigung. Die kalten und warmen Seewasserarmaturen DN20 dienen der evtl. Verdünnung des Badeschlicks und die Süßwasseranschlüsse kalt und warm DN 15 der Wannenreinigung. Aus Sicherheitsgründen hat jeder Behandlungsraum einen thermostatisch gesteuerten Herz-Kopfkühler und zur Körperreinigung eine Duscheinrichtung mit Fußbodenentwässerung DN 70.

3.8.7. Schlickentsorgung

Der abgebadete Packungsschlick wird über transportable Container direkt entsorgt. Die Schlickwannen sind an ein Kunststoff-Abflußsystem angeschlossen und entleeren sich mit freiem Gefälle in ein ca. 10 m³ großes Absetzbecken. Das sich beim Absetzvorgang bildende Meerwasser fließt durch einen Überlauf direkt ab. Die heute teilweise bereits gängige Praxis, Schlickentleerungsgut aus Absetzbecken auf Sondermülldeponien zu entsorgen, ist nur sehr schwer nachvollziehbar. Denn Schlick, der für Heilzwecke zugelassen ist, nach dem Kontakt mit dem menschlichen Körper den Status von Sondermüll zuzubilligen, ist verglichen z.B. mit dem hochbelasteten Schlick des Hamburger Hafens erstaunlich. Da das Abwasser von den Reinigungsduschen der Wannenbäder und den Packungsbereichen mit Schlickanteilen belastet ist, sollte es über einen Schlammfang geführt und in bestimmten Zeitabständen separat entsorgt werden. Wenn das Überlaufwasser aufgrund der Örtlichkeiten abzupumpen ist, bietet sich ein gemeinsames örtlich betoniertes Bauwerk aus meerwasserbeständigem und wasserundurchlässigem Stahlbeton als eine kostengünstige Lösung an. Bei einer Betongüte, wie im Schwimmbeckenbau verwendet, ist weder eine zusätzliche Innenbeschichtung noch ein Schutzanstrich nötig. Vielfach wird diese nicht nur überflüssige, sondern auch kostenaufwendige Zusatzmaßnahme jedoch aus Unkenntnis seitens der Planer vorgeschrieben. Für meerwasserbeaufschlagte Schmutzwassertauchpumpen haben sich kunststoffbeschichtete Graugußgehäuse mit Wellen aus Chrom-Nickel-Stahl, Werkstoff Nr. 1.4571, und Silizium-Karbid- Gleitringdichtungen bewährt.

3.8.8 Wärmerückgewinnung

Unter bestimmten baulichen Voraussetzungen kann es durchaus sinnvoll sein, die im abgebadeten Schlick noch vorhandene Restwärme zur Vorbeheizung z.B. des Meerwassers zu nutzen. Voraussetzung ist ein Rührwerk für den abgebadeten Schlick, in dessen zylindrischem Betonaußenmantel korrosionsbeständiges Kunststoffrohr, z. B. aus PE Werkstoff, in entsprechender Länge einbetoniert ist. Durch diese strömt das kalte Medium, z.B. Meerwasser, nimmt die Abwärme des Schlicks auf und fließt dann zur Nacherwärmung in die üblichen Meerwasserspeicher. Im Moorbereich wird diese Art der Wärmerückgewinnung bereits seit Jahren sehr erfolgreich praktiziert. Aus den eingangs erwähnten rigorosen Hygienebestrebungen sollten Anlagenkonzeptionen sinnvollerweise vorher mit der zuständigen Kontrollinstitution abgestimmt sein.

3.8.9 Rührwerkstechnologie

Abschließend eine technische Anmerkung zur Schlick-Rührwerkentwicklung. Seitens einiger am Entscheidungsprozess Beteiligter gibt es erhebliche Vorbehalte gegenüber den nach ihrer Meinung angeblich noch aus der Ziegeleiära stammenden Rührwerkskonstruktionen. Man wünscht in Anlehnung an die Anlagen und Verfahrenstechnik der chemischen Arzneimittelindustrie eine hygienische Optimierung. Ob dieses Sicherheitsbegehren angesichts der bisher vorliegenden jahrzehntelangen positiven Erfahrungen der Praxis tatsächlich gerechtfertigt ist, wird von kompetenter Seite nicht ganz unbegründet angezweifelt. Besonders dann, wenn von den Betroffenen aufgrund der herrschenden Randbedingungen die angebliche Notwendigkeit nicht plausibel nachvollziehbar ist, scheint im beiderseitigen Interesse und schließlich auch unter Berücksichtigung der Investitionskosten bis zum zweifelsfreien hygienischen Notwendigkeitsnachweis rechtes Augenmaß angesagt. Dass unter dem Aspekt technologischer Weiterentwicklung auch Hygieneüberlegungen Priorität haben sollten, versteht sich von selbst, nur sinnvoll und bezahlbar muss das Ganze sein.

Naturheilmittel Seeschlick und Meerwasser - Teil 3
— Anlagentechnische Planungskriterien —
Omnias vita ex mare — Alles Leben stammt aus dem Meer.

3. Allgemein

Wasser bedeutet bekanntlich Leben. Daher haben Völker aller Kulturen und Religionen das Naturphänomen Wasser in seiner existenziellen Bedeutung bzw. als Quelle allen Seins steht ehrfurchtsvoll zu würdigen und zu schätzen gewusst. Glücklicherweise findet inzwischen auch in unserer Generation ein Umdenken hinsichtlich des industriellen Natur-Raubbaus statt. Obwohl dreiviertel der Erdoberfläche von Wasser bedeckt sind, beträgt der tatsächliche Süßwasseranteil lediglich 3%, wobei nicht zuletzt wegen des Gletscher- und Polareises nur etwa 1% als Trinkwasser nutzbar ist. Ebenso wichtig wie das Lebensmittel Nr. 1 selbstsind auch die vielfältigen balneologisch-medizinischen Nutzungsmöglichkeiten sowohl des Süßwassers als auch des Meerwassers. Die wilde Wetterküche mit reizendem Klima und ruppig gefürchteten Meeresstürmen, besonders an den Nordseeküsten, sorgt dafür, dass das liebevoll als "Meeres-Schampus" bezeichnete Seewasser ständig in prickelnder Frische als Heilwasser zur Verfügung steht.

3.1 Naturheilmittel Meerwasser

Die in ein riesiges dynamisch biologisches System eingebundene Nord- und Ostsee enthält-in Jahrmillionen entstanden-ungefähr 50 chemische Elemente bzw. eine ausgewogene Konzentration aus Mineralstoffen, Spurenelementen und organischen Substanzen. Nicht zuletzt auch aufgrund der Tatsache, dass das Meerwasser dem menschlichen Blut verblüffend ähnelt, insbesondere was die 4 Mineralien Natrium, Magnesium, Kalium und Calcium betrifft - der Mensch ist schließlich ein „ozeanisches Gebilde" , nutzt man seine vielfältigen Heilkräfte, angefangen von Trinkkuren und Inhalationen bis hin zu den verschiedensten Badeanwendungen. Um den gesamten Wirkkomplex des energiereichen Seewassers mit hydrotherapeutisch optimaler „Tiefenwirkung" zu nutzen, ist allerdings eine wissenschaftlich technisch fundierte Aufbereitung und eine entsprechend medizinische Anwendung unter Berücksichtigung der gesetzlich festgelegten Standarte zwingend notwendig.

3.2 Heilwasser-Definition

Der Begriff Heilwasser ist in den „Begriffsbestimmungen für Kurorte, Erholungsorte und Heilbrunnen" des Deutschen Bäderverbandes festgelegt, die von den Verbandsmitgliedern im Rahmen ihrer freiwilligen Selbstkontrolle als verbindlich anerkannt werden. Als allgemeine Forderung gilt, dass natürlich zutage tretende oder künstlich erschlossene Heilwässer aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung ihrer physikalischen Eigenschaften oder nach den balneologischen Erfahrungen Heilzwecken dienen und bei ihrer Anwendung einen hygienisch und bakte-riologisch einwandfreien Zustand haben. Die dann zusätzlich geforderten Mindestvoraussetzungen, z. B. eines Gehaltes >1g/kg gelöste bzw. feste Mineralstoffe, werden z.B. vom Nordseewasser bei weitem noch überschritten. Besonders positiv im Sinne der Heilwirkung ist auch der Gesamtsalzgehalt des Nordseewassers von ca. 36.000 mg/kg (3,6%); im Ostseewasser liegt dieser vergleichsweise bei 16.000 mg/kg (1,6%). Der aus dem Lebensmittelrecht kommende Begriff „Mineralwasser" gilt im weitesten Sinne daher auch für Meerwasser, nicht zuletzt wegen der v.g. Gesamtmineralisation weit über 1g/kg . Zur Verdeutlichung: 1 Liter Nordseewasser enthält ca. 1 Eierbecher Salz, oder es müssen, um eine Nordseewasser-Salzkonzentration in einer normalen Badewannenfüllung zu erreichen, 7 kg Salz aufgelöst werden. Interessant ist auch die Tatsache, dass die gesamte Salzmenge der Weltmeere ausreicht, um sämtliche Kontinente mit einer 160m hohen Salzschicht zu bedecken. Weitere Heilwasserzusammensetzungen: Natriumchlorid- bzw. Kochsalzwässer ohne besondere Begleitstoffe werden ab 1,4% als Sole bezeichnet. Schwefelwässer sind durch einen Mindestgehalt von  1mg/l Sulfidschwefel bzw. Schwefelwasserstoff gekennzeichnet.

3.3 Hygienische Forderungen

Im Bereich der gemeinschaftlich bzw. öffentlich genutzten Mineral- bzw. Meerwasserbäder, wie z.B. bei Therapie-oder Bewegungsbecken, ist die hygienische Rechtslage eindeutig. Durch die DIN - Norm 19643 „Aufbereitung und Desinfektion von Schwimm- und Badebeckenwasser" und dem Bundesseuchengesetz, insbesonder § 11, nach denen Schädigungen der menschlichen Gesundheit durch Krankheitserreger zu verhindern sind, trägt man der ständigen mikrobiellen Kontaminierung des Beckenwassers durch Badende entsprechend Rechnung. Schwieriger ist es hingegen in Einzelanwendungsbereichen, bei denen aus medizinisch-therapeutischen Aspekten eine möglichst naturbelassene Meerwasserqualität nicht nur gewünscht, sondern teilweise sogar verlangt wird. Die Vorjahren noch gängige Praxis, das Meerwasser der Nord- und Ostsee über Tiefbrunnen oder sogar nur oberflächennah zu entnehmen, um es nach mechanischer Grobreinigung in seiner „Ursprungsfrische" direkt als Heilmittel zu verwenden, wird aufgrund der Umweltbelastungen immer problematischer. Hiobs-Presse-Grabrede über den Bach hinunterlaufende, „zum Himmel stinkende " Stickstoff- und Phosphorfrachten ins „Tote Meer" (Stern-Ausgabe 32/92) machen die gesundheitsbewussten Kur- Urlauber nicht nur nachdenklich, sondern bewirken ein kritisches Überdenken vom traditionellen Natur-pur-Wunschdenken direkt am Meeresstrand. In Schleswig-Holstein versucht man, sich der aktuellen Problematik einer möglichst naturbelassenen, aber trotzdem hygienischen und schadstoffarmen Meerwasser- Heilanwendung, behutsam dem Chemismus des Wassers angepasst, zu nähern.

3.4 Hygiene-Parameter

Um die staatlich anerkannte Bezeichnung Seeheilbad, Seeheilklinik o. ä. offiziell führen zu dürfen,- hierbei geht es primär um den Begriff des „Heilmittels"-, stellt der Heilbäderverband Schleswig-Holstein e. V. an Meerwasser, Wasser aus Tiefbrunnen und Sole im Sinne von Arzneimitteln folgende mikrobiologische Qualitätsanforderungen: (siehe Tabelle 2 ) Des weiteren heißt es in den Qualitätsstandards wörtlich: Ein Überschreiten der Grenzwerte führt immer dann zur Sperrung der Abgabe des jeweiligen Arzneimittels, wenn nicht durch geeignete und sofort durchgeführte Reinigungs- und Desinfektions- oder Sterilisationsmaßnahmen die Qualität vor erneuter Abgabe gewährleistet ist. Gegebenenfalls ist das Ergebnis einer Kontrolluntersuchung abzuwarten. Die Entscheidung der Freigabe trifft in jedem Fall der Herstell-und Kontrolleiter.

3.4.1 Untersuchungsarten

Bei mikrobiologischen, chemischen und physikalischen Untersuchung von Meerwasser, Wasser aus Tiefbrunnen sowie Solen wird zwischen drei Stufen (l-lll) unterschieden:

I. Einfache Prüfungen vor Ort durch angelerntes Personal, z.B. pH-Wert, Leitfähigkeit, Ammoniak- und Nitritnachweis mit Testset.

II. Mikrobiologische Überprüfungen, Routineanalytik, ehem. Parameter, bestimmte Schadstoffe. Wird in den beiden beauftragten Instituten Kiel und Lübeck durchgeführt, diese werden unter Bezug auf § 14, Abs. 4 AMG in die Herstellungserlaubnis mit aufgenommen.

III. Vollständige Analyse gemäß Trink WV plus evtl. wichtige Schadstoffe. Entsprechend Forderung der Zulassungsbehörde, auch seltener vorkommende Schadstoffe, evtl. Herbizide, Dioxine usw. 3.4.2 Untersuchungsanforderungen Anforderungen an die Analytik und die Qualität von Meerwasser, Wasser aus Tiefbrunnen und Sole, differenziert nach Anwendungszweck:

A. Zur Inhalation, für Spülungen

Mikrobiologische Untersuchungen: Abwesenheit von Staph. aureus, Pseudomonas aerug., Legionella, Salmonella, Fäcalcoloformen, Coliformen in 100 ml. Keine Schimmel und Hefen. Keine aeroben Keime, beim Überschreiten von 10² Keimen pro Milliliter: sofortige Kontrolle. Chemische Untersuchungen: Für Meerwasser Vollanalyse nach TrinkWV, sonst in Anlehnung an TrinkWV. Evtl. sind höhere Grenzwerte zu tolerieren, wenn naturbedingt und toxikologisch unbedenklicher Permanganat verbrauch. Vor Ort: Prüfung auf Ammonium und Nitrit. Physikalische Untersuchungen: Für Meerwasser Fördermenge, pH, Leitfähigkeit. Für Sole und Wasser aus Tiefbrunnen in Anlehnung an TrinkWV Sinnes- Prüfung, Quellenschüttung/Fördermenge, pH, Leitfähigkeit.

B. Zum Trinken

Mikrobiologische Untersuchungen: Abwesenheit von Staph. aureus, Pseudomonas aerug., Legionella, Salmonella, Fäcalcoliformen und Coliformen in 100 Im, sonst entsprechend TrinkWV.

Chemische Untersuchungen: Wie unter A.

Physikalische Untersuchungen: Wie unter A.

C. Zum Baden

Sämtliche Untersuchungen wie unter B.

3.4.3 Untersuchungshäufigkeit

Häufigkeit der Analytik bei Meerwasser aus Tiefbrunnen und Sole

A. Zur Inhalation, Spülungen:

Die Prüfungen werden ab Untersuchungsbeginn

- während der ersten 3 Monate in jeweils 2wöchigem,

- danach in jeweils 4wöchigen Abstand vorgenommen.

Chemische Untersuchungen: Ammoniak und Nitrit täglich (I), Permanganatverbrauch alle vier Wochen (II). Schadstoffe mehrfach jährlich, Meerwasser II 2 - 4 x und Tiefbrunnenwasser und  Sole II 1 - 2 x , Vollanalyse alle 5 Jahre (III).

Physikalische Untersuchungen: Sinnesprüfung, Leitfähigkeit, pH, Fördermenge täglich (I).

B. Zum Trinken

Mikrobiologische Untersuchungen: Siehe A.

Chemische Untersuchungen: Siehe A.

Physikalische Untersuchungen: Siehe A.

C. Zum Baden

Mikrobiologische Untersuchungen: Siehe A.

Chemische Untersuchungen: Siehe A.

Physikalische Untersuchungen: Siehe A.

3.5 Meerwasser- Wannenbäder

Meerwasser-Wannenbäder gehören zu den Standard-Heilanwendungen an der Nord- und Ostseeküste. Es sind milde Therapieanwendungen, bei denen der Körper weitgehend passiv verharrend von dem heilenden, bis zu 36CC warmen Meerwasser umspült w i r d . Das Anwendungsspektrum umfasst Erkrankungen der Haut, der Muskulatur und des Kreislaufs. Im Gegensatz zur Gemeinschaftstherapie oder zu Bewegungsbäder, bei denen das Meerwasserwegen der laufenden mikrobiellen Kontaminierung durch die Patienten ständig hygienisch besonders aufbereitet werden muss, ist dieses in Einzelwannenbädern nicht erforderlich. Daher bieten sie die ideale Möglichkeit einer gezielten Balneotherapieanwendung mit unverändert naturbelassenem und ursprünglich frischem Heilwasser unter Ausnutzung der chemischen und physikalischen Wasserbesonderheit. Die gesundheitsfördernden Eigenschaften von Meerwasser- Wannenvoll- oder -teilbädern beruhen auf der hohen Thermalwassertemperatur bis zu 36°C in Verbindung mit den Mineralstoffen des Meerwassers. Sie dringen durch den Wärmereiz und aufgrund der Resorption der Haut in geringen Mengen über diese auch in den Blutkreislauf. Außerdem bleibt nach dem Abtrocknen kristallines Salz in den Poren haften.  Hierdurch werden die Hautnerven gereizt, und durch die erhöhte Blutzufuhr zur Haut findet eine als sehr angenehm empfundene Entlastung des Blutdrucks statt.

3.5.1 Wannenkonstruktionen

Medizinische Meerwasserwannen gibt es sowohl aus glasfaserverstärktem Acryl- Glas mit allseitiger Kunststoffverkleidung als auch aus nichtrostendem Edelstahl (CrNi-Mo), Werkstoff Nr. 1.4436. Hinsichtlich der Hygiene und Reinigung gibt es zwischen dem o.g. duroplastischen Kunststoff und dem Edelstahl-Metallwerkstoff keine gravierenden Unterschiede. Im Bereich der Sanitär-Acryl- Wannenkonstruktion bestehen jedoch noch diverse Optimierungsmöglichkeiten nicht nur unter Wassersparaspekten, sondern auch in gestalterischer Hinsicht, z.B. unter Berücksichtigung der menschlichen Anatomie und Körperphysiologie. Teilweise abenteuerlich anmutende Eigenhilfskonstruktionen und nach w i e vor wasser- und energiefressende Großraumwannen verdeutlichen sehr eindrucksvoll, was im medizinischen Wannenbereich derzeit immer noch unter Körper- bzw. funktionsgerecht angeboten wird. Andererseits kann es bei korpulenten Patienten in Verbindung mit schlanken Körperformwannen mit 180 -190I Inhalt „Passprobleme" geben, so dass für diese Anwendungsfälle extra traditionelle Parallelwannen mit ca. 240I Volumen bereitzustellen sind. Hier ist die Industrie mit  kreativen Lösungsvorschlägen, insbesondere auch unter dem wasser- und energiesparenden Umweltschutzgedanken gefordert. Denn die Badewasser- Hygieneanforderungen ä la Trinkwasserverordnung lassen schön grüßen kosten Geld und Energie und; daher ist Wassersparen angesagt, auch wenn es sich „nur" um Meerwasser handelt.

3.5.2 Wannenarmaturen

Direkt auf dem Badewannenrand montierte Bronze-Blockbatterien mit chemikalienbeständiger EPS-Kunststoffbeschichtung bzw. -Überzug sind besonders für eingeflieste Edelstahlwannen geeignet, da sie einerseits wartungs- und reparaturfreundlich sind und andererseits nicht die Kunststoffgewindeanschlüsse der Versorgungsleitungen mechanisch belasten. Die Wannenzulaufarmaturen sollten zu Reparaturzwecken einzeln absperrbar sein. Nach praktischen Erfahrungen ist es sinnvoll, die Kunststoff-Kugelhähne, z.B. in Wandnischen mit Edelstahltüren, jederzeit problemlos zugänglich anzuordnen. Armaturenoberteile, die mit dem aggressiven Meerwaser direkt in Berührung kommen, sollten keine handelsübliche Verchromung, sondern den o.g. Schutz oder bei Wanneneinbau Kunststoffgriffe haben. Als Metall Werkstoff eignet sich für die Armatur selbst z. B. Bronze bzw. Rotguss in  meerwasserbeständiger Spezialausführung. Diese Forderung gilt für alle mit dem Meerwasser in Berührung kommenden Metallteile, insbesondere Sitze, Spindeln, Dichtungsmuttern usw. Schnellschließende Füllarmaturen, z. B. Kugelhähne o. ä; sind grundsätzlich zu vermeiden, da sie Druckstöße im System bewirken, die in Größenordnungen von über 50 bar liegen können. Diese bemerkenswerten Druckenergiestöße sind im Sanitärbereich in Verbindung mit  Einhebelmischern gemessen worden. Bekanntlich entsteht pro 0,3 m/s Fließgeschwindigkeit ein Druckanstieg von 4 bar. Diese Druckbeanspruchung kann in Verbindung mit entsprechendem Medium-Temperaturniveau für Kunststoffsysteme tödlich sein. Da arzneimittelrechtlich ein Vermischen bzw. Verscheiden von Meer- und Süß- bzw. Trinkwasser für medizinische Anwendungszwecke nicht erlaubt ist, muss jede Wanne sowohl einen kalten als auch warmen Meerwasseranschluss haben. Übertragen auf die Schlickaufbereitung bedeutet dieses, dass zur Schlickverdünnung grundsätzlich nur Meerwasser verwendet werden darf. Ob es sinnvoll ist, Meerwassereinläufe an Wannen wie im Trinkwasserbereich zwingend vorgeschrieben frei auslaufend anstatt direkt im unteren Wannenbereich anzuordnen, scheint offensichtlich für einige noch zweifelhaft, Anders lassen sich die nach wie vor auch bei Neuinstallationen praktizierten problematischen Direkteinläufe nicht erklären. Unter den geschilderten Hygieneaspekten kann es jedoch auch in Verbindung mit Meerwasser nur den seit Jahrzehnten bewährten freien Auslauf gemäß DIN 1988 geben. Alles andere bedeutet ein unnötiges Hygienerisiko. Wird ein zusätzlicher Sprudeleffekt gewünscht, so ist eine Druckluftarmatur DN 20 mit einer Leistung von 300 l/min. bei 0,2 bar vorzusehen. Es wird eine sterilfiltrierte Druckluft verlangt (siehe 5. Druckluftversorgung). Als Wannenablauf wird in der Regel ein freier Auslauf über Bodenentwässerungen DN100 gewählt. Bei elektro- galvanischen Bädern ist diese sogenannte offene bzw. getrennte Anschlussart wegen der Potentialtrennung gemäß medizinischer Geräteverordnung vorgeschrieben. Die Bodenentwässerung DN 100 mit Los-Klemmflansch gibt es aus korrosionsbeständigem V4A-Edelstahl oder Kunststoff. Zum DIN-gerechten Anschließen der Fußbodenabdichtung sollten die Entwässerungen grundsätzlich mit der erwähnten Los-Flanschausführung gewählt werden. Aus Gewährleistungsgründen sollte das Abdichtungswerk die Flanschverbindung herstellen und nicht, wie häufig aus Unkenntnis praktiziert, der Installateur selbst.

3.6 Unterwasser- Massagewannen

Unterwasser-Massagewannen werden als unterstützende Maßnahme zur Bewegungstherapie eingesetzt. Der Wannenkörper besteht aus glasfaserverstärktem Sanitär-Acryl und hat ein Wasserfüllvolumen von ca. 300 Litern. Die Bewässerungsanschlüsse betragen DN 25 und die Entwässerung DN 100. Zur Erhöhung des normalen Schluckvermögens von ca. 2 l/s wird eine 6 - 10 cm vertiefte Entwässerungsanordnung empfohlen. Sollte das Zulaufvolumen trotzdem zu groß sein, hilft eine entsprechend gebohrte PVC-Dosselscheibe im Wannenablaufventil. Bei der medizinischen Unterwasser- Druckstrahlmassage wird die weitgehende Entspannungswirkung in der Muskulatur durch das bis auf 36 C° erwärmte Wasser genutzt. Der in seinem Druck regulierbare Wasserstrahl ermöglicht mühelos eine tiefwirkende Durcharbeitung des Gewebes. Der hydrostatische Auftrieb im Wasser und die Wärmewirkung mit muskelentspannender und schmerzlindernder Wirkung erlauben den Patienten bei vielen Leiden erst eine Behandlungsmöglichkeit. Die Unterwasser- Druckstrahlmassage erstreckt sich in ihrer Anwendung auf das gesamte in Frage kommende Indikationsgebiet, wie Gelenkleiden, Gewebeschäden, Nervenlähmungen, Wirbelsäulenerkrankungen und Nachbehandlung von Frakturen. Die rein mechanische Durchführung der Unterwasser- Druckstrahlmassage setzt ein leistungsfähiges Pumpenaggregat mit stufenlos verstellbarer Pumpenleistung von 4 bis ca. 6 bar bis 200 l/min. bei einer Motorleistung von ca. 1,8 bis 2,2 kW voraus. Der Massagedruck wird mit Hilfe eines Regulierventils variiert und an einem Messinstrument abgelesen. Durch auswechselbare Düsen mit unterschiedlichem Querschnitt wird außerdem die bei der Massage eingesetzte Wassermenge nach Wunsch geändert. Durch Beimischen von Luft erreicht man eine Verringerung der Strahlenintensität und bei gemilderter Reizstärke eine variable Oberflächenwirkung. Häufig gibt es die Unterwasser-Massagewannen auch in Kombination mit elektrogalvanischen Zusatzeinrichtungen als sogenannte Stangerbäder. Die in der Wanne integrierten Elektrodenplatten mit einer Gleichstromstärke von ca. 50 - 500 mA bewirken chemisch- physikalische Reizwirkungen mit Längs-, Quer- oder diagonalen Körperdurchströmungen.

3.7 Teilbäder

In Verbindung mit Meer- bzw. Mineralwässern finden gezielte Badeanwendungen als sogenannte Teilbäder, z. B. in Arm-, Fuß-oder Sitzwannen, immer größere Bedeutung. Bei ansteigenden oder Wechsel-Teilbädern beschränken sich die physiologischen Wirkungsabläufe nicht nur auf das dem behandelten Körperteil zugeordnete Organ, sondern lösen gleichzeitig eine Reihe von Folgereflexen aus, die z.B. Stoffwechselvorgänge, Geweberegenerationen o.ä. sehr günstig beeinflussen. Die systematische Anwendung langsam ansteigender Teilbäder hat eine herz- und kreislaufregulierende, vegetativ beruhigende Wirkung, bei der sich gleichzeitig die peripheren Kreislaufwiderstände erheblich verringern. Wechselwarmbäder haben aufgrund der „warmen" und „kalten" Wassertemperaturen eine wesentlich größere Reizsteigerung als ansteigende Bäder. Durch die Temperatur und Zahl und Dauer der Behandlungsphasen lässt sich das Reaktionsvermögen der wärmeregulierenden vegetativen Umschaltung zur Kreislaufentlastung bei nervösen Herzstörungen individuell trainieren. Sitzbäder zur Verabreichung von ansteigenden Bädern mit kalten und warmen Anwendungen haben von den Teilbädern die größte Allgemeinwirkung. Wichtig ist jedoch eine entspannte Sitzhaltung in der speziell hierfür konstruierten Sitzwanne.

3.8 Inhalation

Der erwachsene Mensch benötigt zum Leben täglich ca. 11.000 Liter Luft. Über etwa 700m Luftröhrenwege und ca. 750 Millionen Alveolen wird dem Blut der lebensnotwendige Sauerstoff zugeführt. Um den in erschreckendem Maße zunehmenden Erkrankungen im o.g. Prozess ablauf entgegenzuwirken, bietet sich besonders das salz- und mineralienreiche Meerwasser, fein zerstäubt-viel feiner als in der Brandungszone - zur prophylaktischen und therapeutischen Nutzung an. In Kurmittelhäusern werden in der Regel sowohl Einzel-als auch Rauminhalationen angeboten. Hierbei geht das Wirkspektrum von Düsen-Feuchtvernebelungen mit Tröpfchengrößen von 5 -50Mikron bis hin zu Ultraschall-Aerosolvernebelungen mit 0,5 bis 15 Mikron - ca. zweihundertmal feiner zerstäubt als Wind und Wellen es in der Brandungszone vermögen - für die unteren Atemorgane mit ihren kleinsten Bronchialverästelungen. Nach neuesten medizinischen Erkenntnissen bieten Inhalationsgeräte mit getrennten und geschlossenen Vernebelungsbehältern und einem Inhalationsnebelbereich von 0,5-30u. mit gefahrloser 24V Niedervoltspannung von Meerwassernacherwärmung auf 33°C bis 36°C und wirksamer Verhinderung der Rückatmung ins Vernebelungssystem eine hygienisch schonende Behandlung. Die Vernebelungsleistung sollte bei einer 1O-minutigen Behandlungsdauer bei etwa 6 - 8 ml 2%iger Sole liegen. Die teilweise sehr überzogenen Pressemeldungen hinsichtlich der Legionelleninfektionsgefahr  aufgrund von angeblich kontaminierten Inhalations-Aerosolen sind mit den heutigen Geräten der neuen Generation kein Thema mehr. So wurden bereits vor der Legionellendiskussion, d. h. vor dem traurigen Abstieg vom Exotenkeim hin zum Allerweltskeim, von verantwortungsbewussten Kurmittelh'ausbetreibern bei zentralen Meerwasserversorgungen für Inhalationszwecke Sterilfilter dezentral direkt an den Entnahme-Zapfstellen installiert, obwohl sich Legionellen nur im Süßwasser befinden. Außerdem haben die Atemventile der neuen Generation heute leicht austauschbare Bakterienfilter. Auch bei den Inhalationsgeräten selbst hat man den steigenden Hygieneanforderungen durch autoklavierbare bzw. problemlos desinfizierbare Konstruktionen entsprechend Rechnung getragen. So gibt es z.B.  bei den zentral außerhalb des Anwendungsbereichs angeordneten Ultraschall-vernebelungsgeräten für Rauminhalationen keine unzugänglichen Verrohrungen mehr, sondern problemlos demontierbare und leicht zu sterilisierende Edelstahl bzw. Glasrohre, die auf kürzestem Wege, d.h. in der Regel nur noch direkt hinter der Trennwand enden. Hygieniker empfehlen außerdem, bei Rauminhalationen auf Speibeckensäulen zu verzichten und stattdessen Einwegtücher zur Verfügung zu stellen. Für sehr reizempfindliche Patienten ist die zusätzliche Einrichtung einer separaten Einzelkabine sinnvoll. Solche Inhalationskabinen gibt es handelsüblich aus GFK verstärkten Acrylelementen, komplett ausgerüstet zur Verwendung als sogenanntes Römisches Dampfbad. Die zur Inhalation notwendige medizinische Druckluft muss grundsätzlich sterilfiltriert sein (siehe 5. „Druckluftversorgung") Für Einzelgeräte werden je nach Gerätetyp ca. 30 - 65 l/min mit einem Druck von ca. 1,7 bar benötigt und bei Rauminhalationen ca. 30 l/min mit ca. 3 bar je Vernebelungsdüse. Als Richtwert für die Bestimmung der Düsenanzahl kann von 6 m³ Raumgröße je Düse ausgegangen werden,  wobei für jeden Raum nur 1  Medikamentenvernebler notwendig ist. Die standardisierten Ultraschall-Raumvernebler  gibt es als komplette Einzelgeräteeinheiten mit einer Leistung bis 35m³ Raumvolumen. Eine der wesentlichen Hygieneforderungen ist, dass alle inhalationsproduktführenden oder berührten Teile täglich vor Inhalationsbeginn sterilisiert sein müssen. Anstelle einer manuellen Desinfektionsspülung mittels sterilfiltriertem Meerwasser wird die thermische Desinfektion mit Wasserdampfsterilisator „gewünscht".

3.9 Gemeinschaftsbäder

Im Gegensatz zum beschriebenen Passivbaden in Wannenbädern bieten Gemeinschaftstherapie- und Bewegungsbäder die hervorragende Möglichkeit intensiver krankengymnastischer Übungsbehandlungen. Neben den balneochemischen Heilwassercharakteristika bietet das 33C° warme Meerwasser einen optimalen hydrostatischen bzw. mechanischen Auftrieb, der in Verbindung mit den hydrothermischen Eigenschaften therapeutische Bewegungsabläufe erlaubt, die mit einer normalen Krankengymnastik außerhalb des Meerwassers nicht möglich wären. Daher wird bei Schädigungen am Knochengerüst und an der Muskulatur sowie nach operativen Eingriffen und bei rheumatischen Erkrankungen diese Heilanwendungsmöglichkeit sehr intensiv von den Patienten genutzt. Für die chemische und physikalische Beckenwasseraufbereitung gilt grundsätzlich die DIN 19  643 „Aufbereitung und Desinfektion von Schwimm-und Badebeckenwasser". Eine wesentliche Zusatzforderung in Verbindung mit der Meerwasseraufbereitung ist die Herabsetzung der Fließgeschwindigkeit bei geschlossenen Filtern auf < 20 m/h gegenüber ca. 50 - 30 m/h bei Süßwasser

3.10 Schreitbecken

Schreitbecken sind eine weitere, sehr interessante Bereicherung des hydrotherapeutischen Bäderangebotes. Sie dienen als sogenannte Schreitbecken der Abhärtung und fördern gleichzeitig die Durchblutung. Die thermische Wechselreizwirkung lässt sich durch mehrere nebeneinanderliegende, verschieden temperierte Schreitbereiche - z.B. mit warmem und kaltem Meerwasser, als peripheres Hautdurchblutungs-Gefäßtraining - entsprechend steigern. Es ist sinnvoll, Schreitbecken an die kontinuierliche Wasseraufbereitung von Bewegung bzw. Therapiebecken mit anzuschließen, da sie ebenfalls der vorstehend genannten Bäder-Norm unterliegen. Die DIN 19 643 fordert eine Erneuerung des Beckeninhaltes innerhalb von 1h. Durch den Einbau eines drehzahlgeregelten Pumpenaggregates zur individuellen Unterwasser-Massage, wie z.B. im Kurmittelhaus Büsum realisiert, lässt sich die physikalische Meerwasserwirkung noch zusätzlich intensivieren.

4. Meerwasseraufbereitung

Der Irrglauben an die absolute Hygienesicherheit beinhaltet die große Gefahr der Selbstblockierung. Die steigenden industriellen Belastungen unserer Wasserressourcen und das sensibilisierte Umweltschutz- und Gesundheitsdenken sind nun mal Tatsachen, dieses gilt , möglichst in Einklang zu bringen. Und das geht nicht, indem man als Hygienepolizist, mit eingeengtem Virusblick und Hygienekeule bewaffnet, nur im Reich der Mikroorganismen für (Un-) Ordnung sorgt, koste es, was es wolle und egal, ob anlagentechnisch möglich oder nicht.

Zur Verdeutlichung: Ein tausendstel Gramm Öl genügt, um 1 Liter Wasser für Fische zu vergiften und ein hundertstel Gramm Benzin verdirbt den Geschmack für 1 m³ Trinkwasser (Verdünnungsfaktor 1:100 Millionen). Gefragt sind daher keine theoretischen Zauberformeln, sondern gefragt ist eine über den eigenen Tellerrand hinausgehende Kompetenz, die nicht in, sondern durch sinnvolle Aktivierung der technischen Selbstheilungskräfte aus der Hygiene- Sackgasse führt. Die jüngste Hygiene-Vergangenheit hat dieses im positiven Sinn sehr eindrucksvoll gezeigt, indem sie z. B. bei der Flächendesinfektion endlich erkannt hat, dass weniger letztlich mehr bedeutet. Der kürzlich erschienene Beitrag in der SHT, Ausgabe Nr. 4, "Sterben die Trinkwasser-Zirkulationssysteme den Legionellentod?" als Antwort auf den DVGW-Arbeitsblatt-Gelbdruck W551 „Trinkwassererwärmungs- und Leitungsanlagen - Technische Maßnahmen zur Vermeidung des Legionellenwachstums" dokumentiert sehr eindrucksvoll den fatalen Widerspruch zwischen Schein und Sein.

4.1 Meerwasser-Förderung

An der Nordsee ist die Meerwasser-Förderung aufgrund der Meeresgezeiten Ebbe und Flut in der Regel aufwendiger als an der Ostsee. Andererseits kann es, wie die Praxis zeigt, bei einer Direktentnahme des Ostseewassers aus den oberen Wasserschichten aufgrund von sehr starkem Muschelbewuchs o.ä. zu erheblichen Problemen bzw. Funktionsbeeinträchtigungen sowohl im Pumpensaug- als auch im Druckbereich kommen, wie das Foto eindrucksvoll zeigt.

Die beiden nachstehend beschriebenen Ostseewasser-Entnahmemöglichkeiten funktionieren seit Jahren beanstandungsfrei, wobei das 2. Verfahren, was die Trübstoffe- und Sedimentbelastung des Meerwassers betrifft, erheblich günstiger ist.

Beispiel 1: Die Meerwasserentnahme erfolgt mittels Saugpumpen über 2 je 500 m lange PVC-Rohre DIN 100 mit Saugkörben die an einem Dalben in ca. 5 m Tiefe bzw. 1 m über Meeresboden befestigt sind.

Beispiel 2: Die Seewasserentnahme erfolgt mit freiem Fließgefälle über ca.3 je 15 m lange strahlenförmig angeordnete Drainagestränge, die sich im Flachwasserbereich mit ca. 1,2 m Erddeckung befinden. Die angeschlossene ca. 200 m lange PVC-Sammelleitung DN 150 endet in einem Pumpenschacht mit 2 Tauchpumpen. Von dort wird das mit freiem Gefälle zulaufende Meerwasser über 2 PEHD Rohre DN 100 mit den o. g. Pumpen zum ca. 360m entfernten Kurmittelhaus gefördert. Gängige Praxis an der Nordsee ist es, wie z. B. im Kurmittelhaus Westerland auf Sylt realisiert, einen Filterbrunnen unter Berücksichtigung des Tiefstwasserstandes zu bohren und eine unterirdische korrosionsbeständige Kunststoffsaugleitung DM 150 in einen Pumpenschaft zu verlegen. Von dort fließt das Meerwasser über einen 0,5 m³ großen Sandfang mit Vakuumpumpe weiter zu 2 Meerwasser- Förderpumpen mit einer Leistung von je 60 m³ / h . Im Technikschacht ist eine rückstaufreie Entwässerungsmöglichkeit für die Vakuumpumpe und für das anfallende Kondenswasser vorzusehen. Des weiteren ist zum Schutz der Technik bei nicht optimaler Raumbe- und -entlüftung ein Entfeuchtungsgerät zu installieren. In St. Peter-Ording hat man ebenfalls eine interessante Meerwasserentnahme konzipiert. Über 3 ca. 30 m langen Drainageleitungen fließt Meerwasser in einen Filterbrunnen und von dort aufgrund hydraulischer Heberwirkung selbständig über eine 1.400 m lange PVC-Leitung DN 250 in einen Pumpenschaft. Von dort wird das Meerwasser über eine PVC-Leitung DN 100 zum 55 m entfernten Kurmittelhaus gefördert. Besteht die Gefahr des Muschelbewuches in dem Rohrsystem selbst, ist zu Reinigungszwecken eine Molchanlage mit Weiche vorzusehen, oder ein Doppelsystem nach dem Faulstrecken- Prinzip mit Armaturenschaltung umso jeweils die Faulstrecke nach entsprechender Stagnationszeit auszuspülen, wobei die andere Leitung den Betrieb aufrechterhält.

4.2 Meerwasseraufbereitung

Um die strengen Hygieneforderungen des Arzneimittelgesetzes zu erfüllen, wird man in naher Zukunft das Meerwasser wohl generell nachbehandeln müssen. Technisches Hauptproblem ist hierbei die Erfüllung der Forderung nach einer schonend naturbelassenen, den Chemismus des Wasser möglichst nicht verändernden Meerwasseraufbereitung. Mit der Filter- Wasseraufbereitungs-Verfahrensstufe lassen sich zwar grobe ungelöste und bestimmte gelöste Inhaltsstoffe aus dem Meerwasser entfernen; die mit dem Auge direkt nicht mehr sichtbare sogenannten kolloiddispersen Stoffe bis zu 10-6 mm Teilchengröße erfordern hingegen eine zusätzliche Flockung zur Ausfiltrierung. Da bei der Flockungsfilterung üblicherweise den Wasserchemismus verändernde Aluminium-oder Eisensalze als Flockungsmittel zu dosiert werden, ist diese Verfahrenskombination im o.g. Heilmittelbereich nicht ohne weiteres möglich, so dass man derzeit mit der reinen Filterung vorlieb nehmen muss. Da es immer wieder unverbesserliche Zweckoptimisten gibt, die die technische Realität des Filterschlupfs nicht akzeptieren, kommt es zwangsläufig zu technischen Experimenten, die - höflich formuliert- diesseits von Gut und Böse sind. So versucht man z.B. vergeblich, durch das Hintereinander bzw. Reiheschalten von mehreren Filtern bei gleichem Filtermaterialaufbau das Filtrat so zu veredeln, dass es ohne Wenn und Aber passt. Anstatt ohne nennenswerte Filtratsverbesserung auch noch den Filterwiderstand unnötig zu erhöhen, sollte man sinnvollerweise durch Parallelschaltung die Filtergeschwindigkeiten reduzieren oder zumindest die Filterschüttschemen aufeinander abstimmen. In der Regel verwendet man geschlossene Filterbehälter mit Düsenfilterböden in Verbindung mit unterschiedlichen Quarzsandschichten, so wie z.B. im Trinkwasserbereich nach Reinwasser tatsächlich hat, wird die Zukunft zeigen. Im Krammer-Taschenbuch „Planung von Schwimmbädern" wird vom Autor u. a. die gesamte Aufbereitungsthematik sehr ausführlich und praxisbezogen beschrieben.

4.2.2 Filterkonstruktion

Bei der Bestimmung des Filterwerkstoffes ist der Betriebsdruck, die Wassertemperatur und die Aggressivität des Meerwassers besonders zu beachten. So können z.B. bei ungeschützten Stählen wie hochwertigen Edelstahllegierungen durch Elementspannung Punktkorrosionen auftreten. Filter DIN 19 605 aus gewickeltem duroplastischen glasfaserverstärkten Polyesterlaminat (GFK) gemäß AD-Merkblatt Nl mit vorschriftsmäßigen Düsenboden sind gegenüber den o.g. Medien bis 2,5 bar Betriebsdruck und einer Temperatur von 37°C korrosionsbeständig. Ob der GFK-Werkstoff einen zusätzlichen lichtundurchlässigen Anstrich benötigt, ist noch nichtzweifelsfrei erwiesen. Bei Stahlfilter- Innenauskleidungen- einfache Anstriche bieten übrigens keinen Korrosionsschutz, ist darauf zu achten- dass diese Lebensmittelgeeignet sind bzw. dem Unbedenklichkeitsnachweis der KTW Empfehlung des Bundesgesundheitsamtes haben. Um Schleimbildung auf dem Korrosionsschutzsystem entgegenzuwirken, sollten die Auskleidungen möglichst Lösungsmittelfrei sein, wie z.B. 3mm dicke Hartgummiauskleidungen gemäß VDI2537 . Die Behälterbeschichtungen sind aus Korrosinsgründen bis über die Flanschflächen zu führen, wobei korrosionsproblematische Gewindeanschlüsse grundsätzlich zu vermeiden sind. DIN 19605 bzw. Schwimmbäder-Norm DIN 19643 üblich. Diese sogenannten Einschicht-Schnellfilter werden aus wirtschaftlichen Gründen mit Fließgeschwindigkeiten zwischen 10 bis 20 m/h gefahren. Zum Vergleich: Offene Schnellfilter haben Fließgeschwindigkeiten von 4 bis 7 m/h und Langsamfilter etwa 0,05 bis 0,2 m/h. Daher sind theoretische mind. Filterfließgeschwindigkeitsforderungen, z. B. über 7 m/s, wie von Technikern zu hören, ohne wissenschaftliche Absicherung pures Wunschdenken, wie so vieles im beschriebenen Trinkwasser-Aufbereitungsbereich.

4.2.1 Filterspülung

Um die Filter optimal zu reinigen und gleichzeitig einer Verkeimung im Filterbett wirksam entgegenzuwirken, dürfen die Rückspülintervalle nicht zu weit auseinanderliegen, und es muss eine Norm-konforme Spülung mit ausreichendem Spülwasservolumen sichergestellt sein. Das Spülwasservolumen beträgt ca. 6m³ je m 2  Filterfläche, wobei die Filterspülgeschwindigkeit zur optimalen Fluidisierung ca. 50 m/h betragen soll. Dieses erfordert in der Regel neben der Filterpumpe eine zusätzliche Spülwasserpumpe. Die Spülintervalle richten sich nach der Wasserbelastung bzw. dem sich im Filterbett aufbauenden Differenzdruck der in der Regel ca. 0 , 3 - 0,5 bar beträgt. Außerdem ist der z. B. im Schwimmbadbereich aus hygienischen Gründen mind. 1x wöchentlich zwingend vorgeschriebene Ruckspülintervall zu berücksichtigen. Im Heilbadbereich wird häufig aus o.g. Gründen täglich gespült. Zur Unterstützung des Spülvorganges bzw. zur Auflockerung des Filtermatierals werden auch zusätzliche Spülluftgebläse mit öl- und staubfreier Druckluft verwendet. Das Luft-Fördervolumen beträgt ca. 60m3 pro m2 Filterfläche bei einer Förderhöhe von ca. 0,5 bar. Eine Automatisierung der Rückspülvorgänge mittels frei programmierbarer Computersteuerung entlastet nicht nur das Betriebspersonal, sondern sichertauch einen optimalen Nutzeffekt bei normgerechtem Betrieb. Und w i e sieht die Realität tatsächlich  aus? Bei den Wasseraufbereitungsprofis, die die o.g. Automatisierung wegen der angeblich unzähligen Handgriffe während des Spülvorgangs (über 20) vehement propagieren, grinsen einen erstaunlicherweise vor Ort manuelle Filterarmaturen bzw. Mehrwegeventile ungeniert an.

Dass bei manueller Betriebsweise die befürchtete Keiminvasion später ausbleibt, verdeutlicht einmal mehr, dass auch diese Exklusiv-Branche letztlich nur mit Wasser kocht bzw. experimentiert. Während der Spülphase muss das Wasser drucklos sichtbar mit freiem Gefälle aus dem Filter fließen, und der Spülvorgang selbst darf nicht aus Wassermangel o.ä. Gründen unterbrochen werden. Die Spül und Erstfiltratleitungen müssen frei ausmünden, eine Direktverbindung mit dem Abflußsystem ist aus hygienischen Gründen nicht erlaubt. Forderungen, die nicht selten aufgrund von Unkenntnis oder Kostenüberlegungen missachtet werden. Bei größeren Filtern kann bedingt durch den großen kurzfristigen Spülwasseranfall (Spüldauer ca. 10 - 15 Minuten) bei nicht ausreichendem Abflußquerschnitt ein Rückhaltebecken notwendig sein. Unter dem Aspekt des Umweltschutzes wird immer häufiger untersagt, die Sedimente bzw. die Feststoffrückstände im Filtrat zurück ins Meer zu spülen. Daher ist eine vorherige Klärung mit der zuständigen Behörde dringend angeraten. Gegebenenfalls werden zusätzliche Sedimentations- und Auffangbehälter notwendig (siehe auch 10 „Meerwasser-Aufbereitung"). Die Vorjahren im Schwimmbadbereich angedachte und wieder verworfene Trübungsmessung beim Filterwasser soll als zusätzlicher Hygienehilfsparameter aufgrund der UV-Röhren-Ablagerungsproblematik jetzt bei der Meerwasseraufbereitung erstaunlicherweise wieder aktiviert werden. Welche Auswirkungen diese Transmissionsmessung im Filter Reinwasser tatsächlich hat, wird die Zukunft zeigen. In Krammer-Taschenbuch "Planung von Schwimmbädern"  wird vom Autor u.a. die gesamte Aufbereitungsthematik sehr ausführlich und praxisbezogen beschrieben.

4.2.2 Filterkonstruktion

Bei der Bestimmung des Filterwerkstoffes ist der Betriebsdruck, die Wassertemperatur und die Aggressivität des Meerwassers besonders zu beachten. So können z.B. bei ungeschützten Stählen wie hochwertigen Edelstahllegierungen durch Elementspannung Punktkorrosionen auftreten. Filter DIN 19605 aus gewickeltem duroplastischen glasfaserverstärkten Polyesterlaminat (GFK) gemäß AD-Merkblatt N 1 mit vorschriftsmäßigen Düsenboden sind gegenüber den o.g. Medien bis 2,5 bar Betriebsdruck und einer Temperatur von 37°C korrosionsbeständig.

Ob der GFK-Werkstoff einen zusätzlichen lichtundurchlässigen Anstrich benötigt, ist noch nichtzweifelsfrei erwiesen. Bei Stahlfilter- Innenauskleidungen- einfache Anstriche bieten übrigens keinen Korrosionsschutz, ist darauf zu achten- dass diese Lebensmittelgeeignet sind bzw. dem Unbedenklichkeitsnachweis der KTW Empfehlung des Bundesgesundheitsamtes haben.

Um Schleimbildung auf dem Korrosionsschutzsystem entgegenzuwirken, sollten die Auskleidungen möglichst Lösungsmittelfrei sein, wie z.B. 3mm dicke Hartgummiauskleidungen gemäß VDI2537 . Die Behälterbeschichtungen sind aus Korrosinsgründen bis über die Flanschflächen zu führen, wobei korrosionsproblematische Gewindeanschlüsse grundsätzlich zu vermeiden sind. DIN 19605 bzw. Schwimmbäder-Norm DIN 19643 üblich. Diese sogenannten Einschicht-Schnellfilter werden aus wirtschaftlichen Gründen mit Fließgeschwindigkeiten zwischen 10 bis 20 m/h gefahren. Zum Vergleich: Offene Schnellfilter haben Fließgeschwindigkeiten von 4 bis 7 m/h und Langsamfilter etwa 0,05 bis 0,2 m/h. Daher sind theoretische mind. Filterfließgeschwindigkeitsforderungen, z. B. über 7 m/s, wie von Technikern zu hören, ohne wissenschaftliche Absicherung pures Wunschdenken, wie so vieles im beschriebenen Trinkwasser-Aufbereitungsbereich.

 

Naturheilmittel Seeschlick und Meerwasser - Teil 4
- Anlagentechnische Planungskriterien -
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4.3 Vorlaufbehälterkonstruktion

 

Im Kurmittelhaus Westerland befindet sich im Technikkeller ein 20m3 Vorlaufbehälter aus meerwasserbeständigem und wasserundurchlässigem Stahlbeton. Bei richtiger Betonzusammensetzung und hygienisch glatten Wänden ist, wie bereits unter 2.9.7 „Schlickentsorgung" beschrieben, auch für diesen Verwendungszweck keine zusätzliche Auskleidung erforderlich.

In der Regel nutzt man allerdings die Möglichkeit, drucklose Vorlaufbehälter örtlich problemlos aus thermoplastischem Polypropylen (PP) mittels Extruder-bzw. Warmluftschweißung herzustellen. Duroplastische drucklose Behälter aus Glasfaserkunststoff (GFK) sind in der Regel werkseitig vorgefertigt. Sie eignen sich sowohl zur Gebäudeaufstellung als auch zum Erdeinbau. Zur Vermeidung von sogenannten Behälterimplosionen sind seperate Belüftungen vorzusehen, da anderenfalls bei einer Vollfüllung des Überlaufs aufgrund der Hebewirkung ein behälterzerstörendes Vakuum entsteht. Wegen des aggressiven Verdunstungskondensats und zur Qualitätssicherung des Heilwassers selbst sollte der Vorratsbehälter geschlossen sein, wobei die Zu- und Abläufe so anzuordnen sind, dass möglichst eine Diagonal- Durchströmung ohne ungünstige Strömungsverhältnisse mit Toträumen als Keimbrutstätten entsteht. Die Hygieniker sehen am liebsten eine trichterförmige Entnahme am tiefsten Behälterpunkt. Der Zulauf sollte in entsprechender Entfernung vom Pumpensauganschluß über der max. Wasserstandshöhe enden, damit die entstehende Turbulenz bei der Nachspeisung für eine ausreichende Wasservermischung sorgt. Außerdem wird die Bildung einer geschlossenen, sogenannten „Kahmhaut" auf der Wasserfläche verhindert,  denn sie ist die eigentliche Ursache für mikrobielle Qualitätsverschlechterungen bei Heilwässern. Siehe auch DVGW Merkblatt W311 „Planung und Bau von Trinkwasserbehältern". Da es für die kreative  Technikzunft offenbar keine Hygienegrenzen gibt, führt man das Meerwasser sogar mehretagig, mit hydraulisch definiertem Strahlungsbild versteht sich, in den keimspukenden Speicherbehälter. Zur Qualitätssicherung des Meerwassers, d.h. zur Vermeidung von Stagnationsverkeimungen während der Nachtstunden bzw. Wochenenden o.ä. Betriebsunterbrechungen, ist es sinnvoll, eine frei programmierbare Zwangsumwälzung vorzusehen. Diese könnte direkt hinter der Druckerhöhung beginnen und über Armaturenschalter im 2-Stunden-lntervall betrieben werden. Darüber, ob bei vorhandenen UV-Entkeimungsanlagen (siehe 4.7. „Meerwasser-Desinfektion") diese mit in die Vorlaufbehälter-Zwangsumwälzung einbezogen werden sollen, besteht noch Unklarheit, da man trotz Armaturenabschluß einen Keimeintrag in das nachgeschaltete Stagnationswasser befürchtet. Zirkuliert allerdings das gesamte Versorgungssystem, ist die UV-Anlage selbstverständlich in den Umwälzkreislauf mit einzubeziehen. Um den Vorlaufbehälter in bestimmten Zeitintervallen problemlos reinigen zu können, ist neben entsprechend großen Revisions- bzw. Reinigungsöffnungen auch eine Entleerung am tiefsten Punkt, d. h. möglichst unter dem Behälterboden vorzusehen. Oberstes Hygienegebot sollte sein: „Nicht zu lange warten mit der Wartung." Vorlaufbehälter als sogenannte Batterietankeinheiten, bestehend aus PE-Einzelbehältern, wie aus der Heizölvorratung bekannt und in der Schwimmbadtechnik sehr häufig praktiziert, sind als gefürchtete Keimparadiese nicht empfehlenswert. Die Behälter-Sicherheitsbelüftung und der Überlauf sollen so konstruiert sein, dass eine Verunreinigung des Meerwassers möglichst vermieden wird. Wenn, wie praktiziert, die Belüftung einen Filter hat und der Überlauf aus hydraulischen Notwendigkeiten offen ist, wird das Erstgenannte unterm Strich hygienisch fast bedeutungslos. Daran ändert auch — wie blauäugig praktiziert-keine Rückschlagklappe im Überlauf etwas, außer dass bei zu kleiner Dimensionierung in Verbindung mit einer Überfüllung der Behälter- Betriebsdruck unzulässig überschritten wird. Im Zusammenhang mit dem über die Behälterkonstruktion Geschriebenen und  den Hygieneüberlegungen sowie zu den teilweise geforderten Lösungen ist anzumerken, dass diese Überlegungen übertragen auf Trinkwasser-Druckerhöhungsanlagen gemäß DIN 1988 und den Teil 4 der vorstehenden Norm „Schutz des Trinkwassers, Erhalt der Trinkwassergüte" erheblich hinausgehen.

Selbst vor der simplen Niveausteuerung machen die Perfektionisten nicht halt. Anstelle der bewährten Hängeelektroden oder Standrohr-Magnetsteuerungen experimentiert man mit direkt außen an den Behältern angebrachten Sensorsteuerungen. Aufgrund der füll- und temperaturbedingten Behälterverformungen gibt es jedoch zwangsläufig Meßprobleme.

Das Behälternutzvolumen errechnet sich bekanntlich aus dem Ausgleichsvolumen (flukturierende Wassermenge), dem Sicherheitsvorrat und der Schaltdifferenzhöhe unter Berücksichtigung des zu speisenden Wasservolumens. Wie Praxiserfahrungen zeigen, ist es sinnvoll und auch kostenmäßig vertretbar, bei der Nutzvolumenbestimmung gleichzeitig auch auf empirische Werte zurückzugreifen, wie z.B. auf die erwähnten 20m³ , auch wenn dieser Wert bei kleineren Kurmittelhäusern etwas überdimensioniert ist.

Hygieniker gehen als Richtwert von einer max. täglichen Meerwasserbevorratung aus. Hierbei ist nicht nur der Wasserverbrauch zur Heilbehandlung, sondern auch das Filterrückspül- Wasservolumen mit ca. 6 - 7m³ je m² Filterfläche zu berücksichtigen. Das Kurmittelhaus Büsum hat z.B. mit 42  Meerwasserwannen und 3 Unterwassermassagewannen und der im Teil 1 beschriebenen Schlickabteilung einen Meerwasservorratsbehälter von 150m³  Inhalt und ein Ostseeheilbad mit 6 Meerwasserwannen und 2 Unterwassermassagewannen z.B. 8m³ Nutzvolumen. Die neuerdings gewünschten Probeentnahmen auch am Behälter sind zur Positionierung mit dem zuständigen Hygieniker abzustimmen.

4.4 Druckerhöhungsanlage

Die Konzeption von Meerwasser-Druckerhöhungsanlagen richtet sich im wesentlichen nach der Größe bzw. dem Meerwasserverbrauch der zu versorgenden Anlage. In einer älteren Großanlage hat man z.B. bei 20 Meerwasserwannen diverse Einzelentnahmen und bei mehreren Bewegungs- bzw. Therapiebecken 2 Druckerhöhungspumpen mit einem Fördervolumen  je 50m 3/h in Verbindung mit 2 Windkesseln je 5m³ Inhalt gemäß DIN 1988, Teil 5, gewählt. Aus hygienischer Sicht stellen derartige Druckerhöhungssysteme mit nachgeschalteten Druckbehältern, auch wenn diese Windkessel zweiseitig angeschlossen sind, keine optimale Lösung dar. Daher wählt man heute, wie in der Trinkwasserversorgung üblich, vielfach Druckerhöhungsanlagen in Kompaktbauweise mit hygienischer Direktversorgung und anstelle von Großpumpen mehrere druckstoßfrei arbeitende kleinere Pumpen mit je ca. 5m³/h Förderleistung. Dem heutigen Stand der Technik entsprechend arbeiten diese Anlagen mit druckgesteuerter Kaskadenschaltung auch bei extremen Entnahmebelastungen weitgehend druckstoßfrei. Elektronisch drehzahlgeregelte Druckerhöhungsanlagen der neuen Generation bieten optimalen Komfort sowohl in hydraulischer und akustischer wie auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Störmeldungen, Trockenlaufschütze sowie automatische Pumpenwechselschaltungen sind heute integriertes Standardzubehör.

Aus Sicherheitsgründen sollten Druckerhöhungsanlagen mindestens aus 2 Pumpen bestehen, wobei eine als Reservepumpe bzw. Pilotpumpe dient. In Verbindung mit größeren Anlagen und mehreren Pumpen reicht selbstverständlich ebenfalls nur eine Reservepumpe. Bei der Dimensionierung der Saugleitung muss darauf geachtet werden, dass diese nicht zu klein ist, da sonst pumpenzerstörende Gravitationen auftreten können. Daher sollte die Fließgeschwindigkeit < 1 m/s betragen und die Saugleitung steigend zu den Pumpen verlegt sein und nicht umgekehrt wegen der Luftevakuierung. Hinsichtlich der Werkstoffbestimmung sind keine Grenzen gesetzt. Bei Meerwasser- Druckerhöhungs- und Zirkulationspumpen haben sich die folgenden Werkstoffkombinationen bewährt: Gehäuse aus meerwasserbeständiger Bronze, Laufräder, Welle und Leitapparat aus authentischem Chromnickelstahl (CrNiMo) Nr. 14401 in Verbindung mit Kohle-Keramik- Gleitringdichtungen. Da Gleitringdichtungen gegenüber Trockenlauf sehr empfindlich sind, müssen die Pumpen vor Inbetriebnahme ausreichend belüftet werden.

4.5 Meerwassererwärmung

Die Meerwassererwärmung erfolgt in der Regel wegen der diskontinuierlichen Betriebsweise, bzw. um größere Verbrauchsspitzen aufzufangen, über innengeschützte Einzelspeicher oder sogenannte Zellenspeichereinheiten anstelle von Durchlauferwärmern, z.B. Titan-Plattentauschern o.ä. Als Speicher-Korrosionsschutz haben sich z. B. neben Rokitan- HVG - bzw. Ako-V-Behälterbeschichtungen der Firma Fröhling-auch Innenemaillierungen mit integrierter Inertanode bewährt. Der Vorteil von Inert-Schutzanoden ist, dass sie sich nicht wie Opferanoden abbauen und auch keine besondere Wartung benötigen. Plattenwärmetauscher aus hochwertigem Titan-Werkstoff für sogenannte Ladesysteme und Heizregister aus Nickel-Kupfer-Legierungen bieten ebenfalls optimalen Korrosionsschutz. Da handelsübliche, geschweißte Tauchhülsen auch aus hochwertigem V4AWerkstoffNr. 1.4571 (CrNiTi) innerhalb kurzer Zeit durch erwärmtes Meerwasser zerstört werden, empfiehlt es sich, nur Tauchhülsen aus gedrehtem Vollwerkstoff der o.g. V4A-Edelstahlqualität einzubauen. Unter hygienischen Aspekten sollten die Meerwassererwärmer eine geringe Temperaturschichtung aufweisen, möglichst totraumfrei sein, entsprechende Entschlämmungsmöglichkeit haben und über ausreichend große Revisionsöffnungen zur leichten Reinigung verfügen. Denn gerade im warmen Temperaturmilieu hat der bereits zitierte Hygieneleitsatz „Besser warten als zu lange warten" eine ganz besondere Relevanz. Welches Temperaturniveau angesichts der sich weiter verschärfenden Hygieneforderungen tatsächlich sinnvoll ist, muss die Praxis zeigen.

Ein erstes Signal hinsichtlich der Legionellenbekämpfung hat das bereits zitierte DVGW-Arbeitsblatt W 551 mit der 60°CForderung gesetzt, wobei eine Schaltdifferenz von 5°C erlaubt ist, so dass sich eine Mindesttemperatur > 55°C ergibt. Im Zirkulationsbereich ist eine Temperaturdifferenz von 5 k erlaubt, so dass die Rücklauftemperatur bzw. niedrigste Systemtemperatur grundsätzlich > 50°C beträgt. Lediglich Anschlußleitungen mit einem Wasservolumen < 3 Litern brauchen nicht mitzirkulieren (siehe auch 4.7. „Keimschlupf"). Aufgrund der vorgenannten Legionellenüberlegungen sollte bei Neuplanungen, insbesondere bei der Werkstoffbestimmung, das o. g. Temperaturniveau zugrunde gelegt werden, da die energiesparenden Niedrigsttemperaturen langfristig wohl der thermischen Dauerdesinfektion weichen werden. Des weiteren scheint eine tägliche thermische Systemdesinfektion über 1 - 2 h mit Temperaturen > 60°C, besser 65°C bis 70°C, sinnvoll, da dieses Temperaturniveau mit Sicherheit auf Keime, insbesondere den problematischen Pseudo aerugiosa, inaktivierend wirkt.

Pseudomonas aerugiosa ist ein zur Flora des Wassers gehörendes, stäbchenförmiges Bakterium, das als Krankheitserreger durch Wasserkontakt über die Schleimhäute den Körper infiziert. In destilliertem und selbst in bidestilliertem Wasser sind bei Laborversuchen nach 4-tägiger Inkubation Vermehrungen auf 104 Bakterien pro ml gemessen worden. Dass man sich seitens der zuständigen Herren bisher auf kein endgültiges Meerwasser-Temperaturniveau einigen konnte und stattdessen Zahlenwerte herumgeistern, bei denen angeblich bereits bei „Brutschrankbedingungen" ab ca. 45°C - 50°C die Keime sterben sollen, ist schon bezeichnend, denn laut Fachliteratur werden die pathogen relevanten Bakterien erst bei einem Temperaturoptimum von 60°C geschädigt und darüber abgetötet.

4.6 Meerwasser-Desinfektion

Wie bereits unter 4.2. beschrieben, lässt sich durch die Verfahrensstufe der flockungsmittelfreien Meerwasserfilterung eine evtl. Verkeimung nicht wesentlich reduzieren bzw. minimieren.

Außerdem können anlagenbedingte Umgebungseinflüsse wie Erwärmung, Stagnation und sonstige Anlagenunzulänglichkeiten wie Totzonen, selten benutzte Anschlußleitungen etc. eine unzulässige Aufkeimung im System bewirken. Da eine Desinfektion durch chemische Veränderung des Heilwassers in Form von Chlorung und ähnlichen Chemikaliendosierungen, wie z.B. Wasserstoffperoxid, Chlordioxid, Silbersalze o.ä., nicht gewünscht wird, gestaltet sich die mikrobielle Aufbereitung des Meerwassers als äußerst schwierig.

4.6.1 UV-Entkeimung

Ais Ausweg aus der hygienischen Quadratur des Kreises praktiziert man verzweifelt die physikalische Desinfektion mit elektromagnetischer Ultraviolett-UV-Strahlung. Hierbei wird versucht, durch Bestrahlung im energiereichen Spektralbereich von 254nm Wellenlänge bzw. Bestrahlungsdosis (Fluenz) von mind. 30 mJ / cm²  zumindest theoretisch die wesentlichsten Keimarten zu inaktivieren bzw. abzutöten. Diese Methode wird zwar sehr erfolgreich auf dem Trinkwasseraufbereitungssektor angewendet, hat jedoch den gravierenden Nachteil, dass Ablagerungen oder Trübungen auf den Brennerröhren Abschirmungseffekte verursachen, die wiederum die relative UV-Strahlung reduzieren. Daher gibt es in Verbindung mit flockungsfreier Meerwasseraufbereitung bzw. -filterung im Gegensatz zum Trinkwasser mit seinen vorgegebenen Grenzwerten (siehe Tabelle) erhebliche Praxisprobleme, die auch durch automatische Trübungsmessungen nicht so ohne weiteres in den Griff zu bekommen sind. Übrigens lassen sich derzeit aus Trübungen (Din 38404 , Teil 2), die bei sichtbarem Licht gemessen wurden, keine relevanten Rückschlüsse auf die UV-Transmission ziehen.

Neben den kolloiddispersen Meerwasserinhaltsstoffen bereiten je nach Wasserbeschaffenheit insbesondere die Oxydhydrooxide der Übergangsmetalle Eisen und Mangan Ablagerungsprobleme mit entsprechenden UV-Intensitätsverlusten. Selbst Lufteinträge ins Wasser aufgrund von Systemundichtigkeiten, Niedrigstwasserständen im Pumpensaugerbereich usw. führen zu erheblicher Reduzierung der UV-Strahlunsgwirkung. Ähnlich schwierig gestaltet sich auch die Anlagendimensionierung bei größeren Projekten, deren Verbrauchsspitzen immer eine empirische Glaubenssache ist und vorerst auch bleibt, außer man steuert die einzelnen Verbrauche programmabhängig oder begrenzt das max. Durchflußvolumen. Eine definierte Maximalbegrenzung durch korrosionsbeständige Volumenstrom- Messgeräte und entsprechende Drosseleinrichtungen ist daher unerlässlich, sie kann allerdings bei ungenügender Vorklärung mit dem Betreiber je nach Gleichzeitigkeitsfaktor zu Arger führen. Bei ungünstigen Meerwasserverhältnissen und im Hinblick auf die später auftretende Leistungsabnahme ist es sinnvoll, UV-Anlagen wegen der längeren Standzeiten bewusst um ca. 20-30% größer zu dimensionieren.

Die im Meerwasser am häufigsten verwendeten Reaktorbauarten sind zentrisch in der Rohrkammer angeordnete UV-Strahler oder mehrere extern konzentrisch angeordnete UV-Strahler mit Zusatz- Reflektoren in sogenannter positiver Bestrahlungsgeometrie.

4.6.2 UV-Überwachung

Der Wirkungsgrad des Entkeimungseffekts, d.h. die photochemische Reaktion im Zellkern der Mikroorganismen, ist von der UV-Strahlenintensität im Reaktor abhängig und diese wird, wie bereits erwähnt, wiederum durch die Wasserbeschaffenheit bzw. Verschmutzung des Quarz-Durchflußrohres und/oder Alterung der UV-Strahler selbst sowie die Schalthäufigkeiten und die Mediumtemperatur herabgesetzt. Die automatische Spektral-Schwellwert-Überwachung besteht in der Regel aus UV-Sensor, UV-Anzeiger und Auswerte-Elektronik. Beim Absinken der UV-Strahlenintensität (UV-Emission) auf ca. 50% ist eine Reinigung notwendig, z.B. in Verbindung mit einer automatischen Meerwasserdurchflußsperrung.

Da die Anlagen gemäß Hygieneauflagen nicht im Bypass gefahren werden dürfen, ist die Meerwasserversorgung während der Reinigungsintervalle unterbrochen. Um evtl. Manipulationen, wie z.B. Überbrücken der Abschaltung, entgegenzuwirken, ist es sinnvoll, bereits vor dem Erreichen der magischen Prozentzahl, z.B. bereits bei 70%, eine Alarmmeldung zu installieren, damit einen nicht die Totalabschaltung während des Betriebes eiskalt erwischt. Für die Lebensdauer ist es wichtig, dass die Überwachungs-Sensorentechnik so konstruiert ist, dass sie keinen direkten Kontakt mit dem aggressiven Medium hat. Das gleiche gilt auch für die mediumberührten Werkstoffe im Bereich der Quarz-Durchflußrohranschlüsse, wie z.B. Dichtungen aus FPM (Viton), Edelstahl- Übergänge aus Werkstoff Nr. 1.4571 usw. Zur Reinigung ihrer UV-Röhren haben einige Anlagenhersteller integrierte manuelle Reinigungsmöglichkeiten, wie z.B. die Fa. Düker mittels mechanischer Edelstahl-Putzbürsten oder wie die Fa. Wedeko, die für ihre chemischen Reinigungsmittel spezielle Reinigungsgeräte komplett mit integrierter Pumpe entwickelt hat. Da die UV-Strahler in der Regel eine max. Betriebszeit mit ausreichender Nenn-Desinfektionsleistung von ca. 8000 - 10000 Stunden haben, ist eine automatische Betriebsstundenregistrierung sinnvoll. In der Fachzeitschrift „Wasser-Abwasser", Heft 12/1992, w i rd in dem Beitrag „Desinfektion aufbereiteter Oberflächenwässer mit UV-Strahlen - erste Ergebnisse des Forschungsvorhabens" u.a. sehr aufschlussreich über die Fähigkeit der Mikroorganismen, innerhalb kürzester Zeit UV-bedingte Zellschädigungen über einen enzymatischen Mechanismus zu beheben (Photoreaktivierung), und die daraus evtl. resultierenden Möglichkeiten der Systemwiederverkeimung bzw. Rekontaminierung berichtet. Wie aus den Untersuchungsergebnissen zweifelsfrei hervorgeht, ist eine der Rohwasserbeschaffenheit angepasste Voraufbereitung unerlässlich, womit wir wieder beim Reizthema naturbelassene Filterung wären. Je effizienter die Filterung, so geringer die organischen und biologischen Ablagerungen im System als potentielle Nahrungs- und Schutzbereiche für pathogene Mikroorganismen.

4.7 Keimschlupf

Beim Einbau der o.g. UV-Anlagen stellt sich weiterhin die Frage nach den Auswirkungen des bekanntlich nicht zu verhindernden Keimschlupfs. Aufgrund der fehlenden Depotwirkung und evtl. vorhandender Rohrablagerungen, die sowohl als Nährboden dienen können als auch Schutzfunktion haben, ist ein Infektionsrisiko nach wie vor vorhanden, wenn auch evtl. in gemilderter Form.

Neben den hinlänglich bekannten systembedingten peripheren ökologischen Keimnischen, wie z.B. Biofilme, Bakterienflora usw., vermag die UV-Strahlung keine Amöben zu „knacken". Diese Amöben können wiederum als Schutzorganismen Träger von patogenen Keimparasiten sein. Daher sehen auch bedeutende Wasseraufbereitungshersteller in dem reinen UV-Verfahren langfristig keine erfolgsversprechenden Aussichten. Unter anderem werden derzeit auch Systeme in Verfahrenskombination, UV-Geräte und Ultraschall- Anlagen erprobt, die auch chemikaliensensibilisierte Zellaggregate aufschließen und Amöben abtöten sowie gleichzeitig aufgrund von Ultraschalleinwirkungen Inkrustierungen als potentielle Keimnährböden entfernen. Außerdem ist in diesem Zusammenhang interessant, daß in Amöben gewachsene Keime resistenter sein sollen als frei im Wasser gewachsene. Beim Auftreten von Keimen, wie z.B. dem relativ resistenten Pseudomonas aerugiosa, werden intermittierende chemische Systemdesinfektionen mittels Hochchlorung mit korrosionsträchtiger Dosis von sage und schreibe 60 mg/l (NaCIO) empfohlen. Daneben praktiziert man auch häufig bei keiminfizierten Meerwasseranlagen thermische Desinfektion, z.B. im kalten Meerwassersystem mit auf ca. 65°C erwärmtem Meerwasser. Zur äußerst wichtigen Frage der Werkstoffwahl siehe 5. „Meerwasser-Transportsysteme".

Im o.a. Zusammenhang sei auf den sehr interessanten Entwurf des DVGW-Arbeitsblattes W 552 „Technische Maßnahmen zur Sanierung von mit Legionellen kontaminierten Trinkwassererwärmungs- und Leitungsanlagen" hingewiesen. Es enthält u.a. Hinweise über die Vorgehensweise bei Sanierungen und über betriebstechnisehe Maßnahmen und Anwendungszeiten bzw. -Intervalle, z.B. thermische Desinfektion > 70°C mit ca. 3minütiger Zapfstellenbeaufschlagung; physikalische Desinfektion mit UV-Anwendung, chemische Desinfektion mit ca. 10 mg/l Chlorlauge und dezentrale Sterilfiltration.

4.8 Alternativen

Da die o.g. sporadischen „Nachbesserungslösungen" sicherlich nicht der technischen Weisheit letzter Schluss sind, wird weiterhin nach optimalen Lösungen zur Risikovorbeugung gesucht. Angedacht sind hierbei in Verbindung mit UV-Anlagen permanente Meerwasserumwälzungen sowohl in den warmen als auch kalten Versorgungsbereichen, damit die Keimlinge nicht zur Ruhe kommen. Dieses fordert wiederum möglichst definierte Zirkulationsfließströme, die bei 1,3 - 1,5 m/s liegen könnten. Das heißt für die Praxis möglichst kleine Versorgungsleitungen, damit die Zirkulationspumpenleistungen nicht unnötig groß werden sowie Ringsysteme mit einem durchgehend gleichen Querschnitt, ermittelt auf der Basis des tatsächlich benötigten Volumenstroms. Kurzzeitige Versorgungs-Fließgeschwindigkeitsspitzen um ca. 3 m/s und höher sind im Hinblick auf eine ökonomisch betriebstechnisch sinnvolle Dauer-Meerwasserumwälzung mit ca. 1,4 m/s daher durchaus denkbar. Die Druckerhöhungsanlage lässt sich bei der o.a. Meerwasserversorgungs- und Umwälzungskonzeption relativ unproblematisch mit einer Pilotpumpe zur Aufrechterhaltung der Zirkulation und entsprechenden Hauptpumpen in Kaskadenschaltung zur Wannenversorgung realisieren. Um gleichmäßige hydraulische Systemdurchströmungen besonders während der Zirkulationsphasen zu gewährleisten, lassen einige Fachleute die Meerwasser-Versorgungsverrohrung sogar nach dem rechnerisch sehr aufwendigen Tichelmann-Prinzip installieren. Damit möglichst permanent heilsame Unruhe im gesamten Meerwassersystem herrscht bzw. den Keimlingen berauschend schwindlig wird , lässt man außerhalb der Betriebszeit Wasser aus dem Meerwasser-Vorlagebehälter ständig über die UV-Entkeimung durchs Kaltwassersystem in den o.g. Behälter zirkulieren. Nachts und an betriebsfreien Tagen wird über Klappenschaltungen zeitweise die Filteranlage zusätzlich mit in den Umwälzkreislauf eingebunden. Und da dieses offensichtlich immer noch nicht ausreicht, gibt es zusätzliche Zwangsschaltungen zur Intervallspülung der Meerwassersaugleitungen.

Anstatt diesen ganzen technischen und kostenmäßigen Aufwand einmal unter langfristigen Aspekten übergreifend neutral wissenschaftlich auf den tatsächlichen Nutzen bzw. seine Effizienz untersuchen zu lassen oder andere sinnvolle Möglichkeiten anzudenken, wird bei Meerwasser- Anlagen weitgehend nach dem gleichen empirischen Muster Orientierungssuchend gestrickt. Immer wieder Keime findend stolpert man von einer Modifizierung zur anderen. Der angeblichen Winzlinginvasion hinterherhechelnd zündet man wahre Hygiene-Feuerwerke, bei denen dann sogar verzweifelt kürzeste Anschlussstutzen als angebliche Brutstätten entlarvt werden.

Probeenfnahmehähne, und davon gibt es diverse, mal nicht abfackelbar in Kunststoff und dann wiederum fachgerecht aus Metall, sind entsprechend spezieller Vorgaben permanent zu warten, wobei Gummischläuche selbstverständlich verpönt sind. Medizinische Herstellerbereiche, d.h. die anlagentechnischen Bereiche, sind außerdem fußbodenmäßig zu markieren, ggf. mit zusätzlicher Kettenabsperrung und mit hygienischem Farbanstrich zu versehen.

Notfalls wird auch noch beim Mobiliar, z.B. Spülenausführung, interveniert und die Raumlüftung korrigiert. Angesichts der hygienischen Symptom-Selektion dürften dann allerdings die bisher wohl aus Unkenntnis ignorierten Dämmdicken für kalte und warme Meerwasserleitungen aufgrund der erhöhten Umwälzleistungen und künftig zu erwartenden wärmeren Meerwassertemperaturen kein Tabuthema mehr sein, auch wenn diese wärmenden bzw. kühlenden Maßnahmen nur eine zeitliche Verzögerung bedeuten.

Weitere sinnvolle Überlegungshilfen bietet bei entsprechender Modifizierung das kürzlich im Weißbuch erschienene DVGW-Arbeitsblatt W551 „Trinkwassererwärmungs- und Leitungsanlagen: Technische Maßnahmen zur Vermeidung des Legionellenwachstums".

Danach ist ein Dauertemperaturniveau von ca. 60°C - 65°C ebenso überlegenswert wie eine weitgehend totraumfreie Abschleifung der Hauptringleitung bis kurz vor die Entnahmearmaturen, zumal diese Installationsrealisierung im Gegensatz zu den vielzähligen Anschlüssen im Sanitärbereich unproblematisch ist.

Um einer Erwärmung des kalten Meerwassersystems entgegenzuwirken, lässt man in der Praxis einen definierten Teilstrom ständig ablaufen, z.B. aus dem Meerwasservorratsbehälter. Bei bestehenden Systemen ohne Zirkulation ist zur Erreichung der Zwangsdurchströmung und Reduzierung der Stagnationsaufwärmung am Leitungsendpunkt eine Dauerentnahme zu installieren, z.B. an Schreitbecken, Springbrunnen o.ä.

Überlegungen hinsichtlich dezentraler Sterilfitration direkt an den Meerwasser- Wannenarmaturen sind wegen der erforderlichen regelmäßigen bzw. täglichen zeitwaufwendigen Wartungen mit Autoklavierung der Filtereinsätze derzeit angeblich unrealistisch. Im DVGW-Arbeitsblatt-Entwurf W552 hat man diese Möglichkeit zumindest angedacht.

4.9 Ozon

Die Ozontechnologie ist ebenso umweltschonenend wie die UV-Technik und darüber hinaus zweifelsohne das z.Z. wirksamste bzw. stärkste Desinfektionsmittel (siehe auch „Umweltschonende Badewasseraufbereitung mit Ozon", SHT-Nr. 9/1992). Es hat jedoch neben dem Kostenaspekt den gravierenden Nachteil, daß es hochtoxisch ist und das Ozongas daher mittels Aktivkohlefiltration wieder aus dem Wasser entfernt werden muss. Außerdem herrscht über evtl. karzinogene Nebenwirkungen in Verbindung mit Meerwasser noch keine endgültige Klarheit. Hinsichtlich der Werkstoffbestimmung für Rohre, Dichtungen usw. gibt es erhebliche Einschränkungen. So sind beispielsweise EPDM-Dichtungen sowie PP- und PE-Kunststoffe nicht geeignet.

5. Druckluftversorgung

Wie bereits unter 3.5.2. „Wannenarmaturen" und 3.8. „Inhalation" erwähnt, wird bei Druckluftversorgungen an Meerwasserwannen und Inhalationen grundsätzlich sterilfiltrierte Druckluft verlangt. In Verbindung mit Meerwasserwannen ist die Logik der Notwendigkeit auf den Blick nun wahrlich nicht erkennbar, was im Umkehrschluß jedoch nicht zwangsläufig bedeuten muss, dass diese Hightech-Endprodukf-Qualitätsforderung kontraproduktiv ist. Zumindest ist sie dieses nicht für die im doppelten Sinn erfreulich betroffene Industrie.

Übertragen auf die Trinkwasser-Norm mit ihren großzügigen Anforderungen, was z.B. die Drucklufttechnik in Verbindung mit automatisch erneuerbaren Luftpolstern bei Druckerhöhungsanlgen gemäß DIN 1988, Teil 5, Abs. 4.5.2 und 4.5.3 betrifft, und die übliche Lufttechnik bei Trinkwasser-Oxidatoren zur Enteisenung und Entmanganung erscheint der Aufwand der Druckluft-Virushatz für Wannenbäder schon etwas merkwürdig. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass Luftperlbäder in Krankenhäusern o.ä. Einrichtungen ebenfalls nur normale Druckluft erhalten, die lediglich über Partikelfilter und Ölabscheider geführt ist. Für Hygieniker optimal realisierte Druckluftversorgungsanlagen für Meerwasserwannen bestehen z. B. aus folgenden Anlagenkomponenten bzw. „Technikherrlichkeit":

• gefilterter Frischluft-Kompressorraum

• Drehkolbenkompressor

• Druckluftspeicher mit Kondensatabschluß (am tiefsten Punkt)

• komb. Partikelfilter und Ölabscheider

• Rohluft-Kältetrockner

• Aktivkohleadsorber

• Nachschaltfilter

• Gemeinschaftssterilfilter unmittelbar vor den Wannen

Anmerkung zum Aktivkohleadsorber: Während man mitmechanischerFiltration Öltöpfchen und Aerosole bis 0,001 (im abscheiden kann, werden mit dem Aktivkohlefilter bei richtiger Adsorption, Kontaktzeit und Gasgeschwindigkeit verdampfte Kompressorschmieröle als sogenanntes nicht kondensierbares Gas bis zu 99,99% adsorbiert. Die Inhalations- Druckluftversorgung wird - wie vorstehend anlagentechnisch beschrieben - sinngemäß gewünscht. Zur Funktionsbzw. Wartungskontrolle ist es sinnvoll, Druckluftfilter mit problemloser Verschmutzungsmesseung bzw. Differenzdruckanzeige zu installieren.

Zweiteilige Sterilfiltereinheiten, z.B. der Firma Pneumatic Products, mit Polypropylengehäuse bestehen aus einem Vorfilter mit 3,2 µm Partikular-Rückhaltegrat und dem eigentlichen Sterilfilter mit doppellagiger Polyamid-Nylon-Membrane, und mikrobiell validierte Rückhaltegrate von 0,2 µm erfüllen diese Forderungen. Wesentliches Merkmal der o.g. biologisch unbedenklichen Filter ist nämlich ihre Integritätstestbarkeit mittels tragbarem Mikroprozessoraggregat, was besonders für den beschriebenen kritischen ultrafeinen Partikel-Anwendungsbereich von Bedeutung ist.

Umgehungen bzw. Bypaßleitungen sind für die o.g. Anlagenkomponenten aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt. Als Druckrohrleitung hat sich das angeblich bakterizid wirkende Kupferrohr bewährt. Ob die Kupferrohrsysteme aus sauerstoffund fettfreien Speziairohren (Cu-SE37), wie im medizinischen Gasbereich üblich, sein müssen und womöglich noch schutzgasgeschweißt mit Inertgas, z. B. Stickstoff (N2), ist angesichts der geschilderten Hygiene-Realität vorab zu klären.

6. Meerwasser-Transportsysteme

Bei aggressivem Meerwasser werden nicht zuletzt aus korrosionstechnischen Überlegungen in der Regel thermoplastische Werkstoffe als Rohrsystem verwendet. Kunststoff-Transportsysteme stellen jedoch aufgrund ihrer werkstoffspezifischen Besonderheit sehr hohe Anforderungen an die Planung und installationstechnische Ausführung. Die Tatsache, dass bisher verhältnismäßig wenig über Schäden an Kunststoffrohrsystemen berichtet wurde, darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß das tatsächliche Schadenspotential in den o.a. Anwendungsbereichen nicht unerheblich ist.

6.1 Kunststoff-Definition

Kunststoffe sind Werkstoffe, die durch chemische Umwandlung von Naturprodukten oder synthetisch hergestellt werden. Die Einteilung der Kunststoffe erfolgt nach physikalischem Verhalten und nach Herstellverfahren (siehe Tabelle 1 und 2) .

6.2 Klassische Rohrwerkstoffe

Zu den physiologisch unbedenklichen und inzwischen klassischen Werkstoffen gehören:

• Polyvinylchlorid (PVGU)

• Polyäthylen (PE-HD)

• Polyprophylen (PP)

• Polyvinylidenfluorid (PVDF)

PVGU als kostengünstigste Verrohrung findet aufgrund seiner werkstoffbedingten Temperaturbeständigkeit bis ca. 45°C wenn, dann in der Regel nur im kalten Meerwasserbereich Anwendung. Aufgrund der thermischen Desinfektionsmöglichkeit sind allerdings die Aussichten für diesen Werkstoff zugunsten des nachchlorierten PVGC wohl getrübt, obwohl erstaunlicherweise das PVC-U nach wie vor auch in neuesten Ausschreibungen weiterhin erscheint (siehe Tabelle 3). Die Temperatur- und Druckbeanspruchung sind neben der werkstoffgerechten Verarbeitung die wesentlichsten Einflußfaktoren hinsichtlich der Lebensdauer bzw. Zeitstandfestigkeit. Deswegen sind die Parameter Betriebsdruck und Wassertemperatur nicht unnötig hoch zu wählen. Andererseits sind unter hygienischen da besonders PE-Werkstoff leicht am Heizelement haften bleibt und hierdurch die Festigkeit der Schweißung erheblich beeinträchtigt. Bei größeren Rohrdimensionen wird in Verbindung mit Stutzenschweißfittings das Heizelement-Stumpfschweißverfahren gemäß DVS-Merkblatt 2207 und 2208 angewandt. Als dritte Variante gibt es noch speziell für PE-Werkstoff das sogenannte „Heizwendelschweißverfahren" mittels Elektroschweißmuffen. Warmluftschweißungen gemäß DIN16 960 bzw. 16 930 sind im gebäudetechnischen Rohrleitungsbau unüblich, da sie zeit- und kostenaufwendig sind und außerdem hohe Anforderungen an das Schweißpersonal stellen. Aspekten die bereits erwähnte Möglichkeit der thermischen Dauer-Systemdesinfektion und die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Rohrwerkstoff mit anzudenken. Aus Gründen der Sicherheit sollte bei den o. a. Kunststoffrohren der mind. Prüfdruck PN10 gewählt werden, da auch die Fittings- und Kunststoffarmaturen in der Regel nur diese Druckstufe haben. Des weiteren ist die jeweilige Zeitstandsfestigkeitskurve mit den Parametern Lebensdauer, Druck und Mediumtemperatur von entscheidender Bedeutung. Bei der Werkstoffbestimmung ist darauf zu achten, dass die Materialien keine Stoffe freisetzen, die als Nahrungsgrundlage für Mikroorganismen dienen (Schleim-Biofilme), eine möglichst glatte Oberfläche aufweisen und die Ausbildung von Inkrustationen erschweren.

6.3 Temperaturparameter

In Verbindung mit der gezeigten Festigkeitskurve sind die folgenden max. zulässigen konstanten Betriebstemperaturen bei der Werkstoffbestimmung genauestens zu beachten:

PVGU DIN 8062 60°C

PE-HD DIN 8074 60°C

PP DIN 8077 90°C

PVDF Werksnorm 140°C

6.4 Rohrbefestigungen

Zur Vermeidung von Spannungsrissen in Kunststoffrohren sind sowohl die Schellenabstände als auch der Schellenkonstruktionsbereich zu beachten. So dürfen die Schellen den Kunststoff-Werkstoff nicht einpressen, sondern ihn nur so umschließen, dass eine bewegliche Führung sichergestellt ist. Festpunktkonstruktionen sollten ebenfalls so gewählt werden, dass keine Rohrüberbeanspruchung erfolgt, so wie in den Zeichnungen dargestellt, (siehe Tabelle 4).

6.5 Rohrverbindungen

Da PVC-Verbindungen hinlänglich bekannt sind, wird auf diese nicht näher eingegangen. PE-hart und PP-Werkstoffe werden üblicherweise geschweißt. Sehr gut bewährt hat sich das ausgereifte und unter Baustellenbedingungen problemlos durchzuführende Heizelement-Muffenschweiß verfahren. Ein wesentlicher Vorteil dieses Schweißverfahrens ist, dass sich PE-hart, PP- und PVDF-Werkstoffe rationell mit der gleichen Vorrichtung verschweißen lassen. Voraussetzung ist jedoch eine einwandfreie PTFE-Beschichtung, wie z. B. Teflon auf den Heizbüchsen und -stutzen, da besonders PE-Werkstoff leicht am Heizelement haften bleibt und hierdurch die Festigkeit der Schweißung erheblich beeinträchtigt. Bei größeren Rohrdimensionen wird in Verbindung mit Stutzenschweißfittings das Heizelement-Stumpfschweißverfahren gemäß DVS-Merkblatt 2207 und 2208 angewandt. Als dritte Variante gibt es noch speziell für PE-Werkstoff das sogenannte „Heizwendelschweißverfahren" mittels Elektroschweißmuffen. Warmluftschweißungen gemäß DIN16 960 bzw. 16 930 sind im gebäudetechnischen Rohrleitungsbau unüblich, da sie zeit- und kostenaufwendig sind und außerdem hohe Anforderungen an das Schweißpersonal stellen.

6.6 GFK-Rohrsystem

Duroplastischer Glasfaser/Kunsfharzwerkstoff (GFK) hat sich in stark druck-und temperaturbeaufschlagten Versorgungssystemen ebenfalls bewährt. Wegen seiner geringen Ausdehnung und der hohen Druck-und Korrosinsbeständigkeit ist GFK besonders bei extremen Betriebsbedingungen und komplizierten Leitungsführungen bzw. schwierigen baulichen Voraussetzungen, wie z.B. bei Platzproblemen für Rohrausdehnung, sehr gut verwendbar. Die hervorragenden Eigenschaften des GFK-Werkstoffs beruhen zum einen auf der Festigkeit durch die Glasfasergewebearmierung und zum anderen auf der Dichtigkeit durch das hochwertige korrosinsbeständige Epoxyd- und Vinylesterharz. Schwächstes Glied in der Festigkeitskette ist allerdings die 2-Komponenten- Klebeverbindung, die daher sehr sorgfältig auszuführen ist. Bei den im Wickel- bzw. Schleuderverfahren hergestellten GFK-Rohren der Firma Fibercast sind keine kostenaufwendige Halterungs- bzw. Festpunktkonstruktionen wie bei den thermoplastischen Rohren notwendig. Allerdings sind die Anlagekosten nicht unerheblich, da zu den relativ hohen Materialkosten noch Montagekosten kommen, die - bedingt durch die lange Trocknungszeit des Zwei-Komponentenklebers -zeitaufwendig sind. Mit speziellen Elektroheiz-Manschetten lässt sich die Trocknungszeit der Fittingsklebeverbindungen jedoch verkürzen. Ein wirtschaftliches Kosten-Nutzen-Verhältnis ist dadurch zu erreichen, dass nur die Warmwasser-Hauptversorgungsleitung in GFK-Rohr und Objekt-Anbindungen mit kleinen Rohrdimensionen in thermoplastischem Rohrwerkstoff installiert werden.

6.7 Alternative Versorgungssysteme

Inzwischen versuchen auch die im Trinkwasserbereich bewährten und immer mehr Marktanteile bekommenden Kunststoffsystemhersteller, in den Bereich der aggressiven Medien einzudringen. Diese Systeme haben den Vorteil, dass sie die sehr strengen Forderungen der Trinkwasser- lnstallations-DIN 1988, Teil 2, erfüllen. Danach wird eine Lebensdauer von 50 Jahren bei schwankenden Betriebsdrücken von 0 - 10 bar bis zu einer Dauer- Mediumtemperatur von 60°C zwingend vorgeschrieben. Außerdem wird unter dem Hygieneaspekt der thermischen Systemdesinfektion eine zusätzliche Temperaturbeständigkeit bis 85°C bei 10 bar von 50 Stunden jährlich gefordert. Die flexiblen Rohrsysteme, wie z. B. das vernetzte Polyäthylen (PE-X,) lassen sich außerdem sehr leicht verlegen und das hochtemperaturbeständige nachchlorierte Poly-vinylchlorid (PVC-C) wird fast identisch wie normales PVC verarbeitet, wobei jedoch zu beachten ist, dass nicht der normale Kleber, sondern Spezialkleber verwendet werden muss. Da die o.g. Kunststoffsysteme für den Trinkwasserbereich konzipiert sind, haben sie auch das erforderliche DVGW Prüfzeichen. Dieses beinhaltet gleichzeitig den hygienischen Unbedenklichkeitsnachweis der KTW-Empfehlungen des Bundesgesundheitsamtes. Daher benötigen diese Kunststoffsysteme auch keinen besonderen Legionellen-Unbedenklichkeitsnachweis, wie er ursprünglich einmal angedacht war. Evtl. Korrosionsschwachpunkt in Verbindung mit Meerwasser könnte bei bestimmten Systemen allerdings die Verbindungsund Anschlusstechnik aus metallischen Werkstoffen sein. Deswegen ist es sinnvoll, die Korrosionsbeständigkeit im Vorhinein mit dem Hersteller abzuklären. Auch seitens der Edelstahlhersteller bestehen Bestrebungen, mit ihrem bewährten Klemmfittingsystem - allerdings mit höherwertigen Werkstofflegierungen, wie z. B. Titan - ebenfalls in den aggressiven Medienbereich einzusteigen.

Naturheilmittel Seeschlick und Meerwasser - Teil 5
-Anlagentechnische Planungskriterien -
Omnias vita ex mare - Alles Leben stammt aus dem Meer

6.8 Rohrmontage

Probleme bei druck- und temperaturbeaufschlagten Kunstoffrohrsystemen beruhen selten auf dem Werkstoff selbst, sondern sind auf unzureichende Werkstoffkenntnisse bzw. fehlerhafte Montage zurückzuführen. Erstaunlich ist, dass sich die Schäden auf einen bestimmten, sich häufig wiederholenden Bereich reduzieren. Die wesentlichsten Kriterien der Zeitstandfestigkeit sind neben der chemischen Werkstoffbeanspruchung die bereits erwähnten physikalischen Belastungen durch Druck und Temperatur.

Voraussetzungen für eine werkstoffgerechte Betriebsweise sind:

- großzügige Rohrdimensionierung

- strömungsgerechte Formteile und Armaturen

- niedrige Ein- und Ausschaltdifferenz bei Druckerhöhungsanlagen

- möglichst niedriger Ansprechdruck von Sicherheitsventilen für Warmwasserbereitung (Merke: Ein 10-bar-Sicherheitsventil bedeutet gleichzeitig 10 bar diskontinuierliche Druckbelastung für das Warmwassersystem) -Verwendung von Heizung

- Temperaturfühlern mit hoher Messgenauigkeit

- Vermeidung von Überhitzung durch richtig eingestellte Heizung

-Temperaturbegrenzer

- sinnvolle Betriebstemperatur zur Reduzierung der Aggressivität des Heilwassers und Einsparung von Heizenergie

- Vermeidung von Druckstößen im System, da sich hierdurch die Standzeit erheblich verringert

- Einbau langsam schließender Armaturen

- Beachtung der temperaturbedingten Längenveränderungen

- Werkstoffbeanspruchung bei thermischer Systemdesinfektion

- Beim Einbau einer zeitgesteuerten selbstregelnden Elektro-Begleitheizung ist zu beachten, dass in Verbindung mit Kunststoffrohren und Medientemperaturen um ca. 60°C Heizbandtemperaturen von ca. 70°C - 75°C erforderlich sind, wobei die Verwendung vorher mit dem Rohrhersteller abzuklären ist. In Verbindung mit Kunststoffrohren erhält das in Längsrichtung verlegte Heizband eine äußere Aluminium-Klebebandumwicklung zur besseren Wärmeverteilung. Um ein möglichst hygienisches System herzustellen, sind sogenannte tote Leitungsenden und Stagnationen in Anlehnung an die Trinkwasser-DIN 1988, Teil 5, zu vermeiden.

6.9. Längenänderung

Erfahrungsgemäß beruhen die meisten Rohrschäden auf unzulässigen Spannungsspitzen als Folge nicht werkstoffgerechter Verarbeitung bzw. Montage. Die Längenänderung errechnet sich aus der Formel:

? L = L.-T. a in mm

? L = Längenänderung in m

L = Leitungslänge in m

T = Differenz zwischen Montage- und max. bzw. min. Betriebstemperatur in K

? = Längenausdehnungskoeffizent des Rohrwerkstoffes in mm/m l/K

Mittlere Ausdehungskoeffizienten:

PVC-U  =  0 , 08

PVC-C  =  0 , 08

PB  = 0 , 13

PP =  0 , 15

VPE  =  0 , 18

PE-H  =  0 , 2 0

6.10 Montagehinweise

Die nachstehenden Montagehinweise betreffen die kunststoffspezifisch relativ großen Längenänderungen durch Temperatureinwirkung bzw. -Schwankung und gelten sowohl für Kalt- als auch für Warmwassersysteme:

- Installation nur DIN-gerechter Rohre mit Herstellerangabe und mind. PN10 - Aufnahme von Längenänderung durch kostengünstige natürliche Biegeschenkel oder Dehnungsbögen

- kein Einbau metallischer bzw. elastomerer Falten-Kompensatoren zur Aufnahme von Längenänderungen, da sie aufgrund ihres hohen Eigen- bzw. Betriebswiderstandes ungeeignet sind

- Aufteilung von temperaturbeaufschlagten Leitungsabschnitten durch Festpunkte

- elastische Rohrführung durch entsprechende Rohrschellenanordnung

- Durchmesser der befestigten Schellen größer als der Rohrdurchmesse

- keine Verwendung von PVC-Weich- Schellenbandeinlagen bei PVC-Druckrohr

- Bestimmung der Befestigungsabstände entsprechend dem Werkstoff, der Betriebstemperatur und dem Nenndruck

- bei kleineren Rohrdimensionen bzw. höherer Betriebstemperatur Verwendung durchlaufender Unterstützungen, z. B. Winkeleisen, da wirtschaftlicher bzw. sinnvoller

- Schutz im Freien verlegter Kunststoffrohre, besonders PP, z. B. durch Isolierung gegen UV-Strahlen

- möglichst frei zugängliche Rohrinstallation

- Kunststoff röhre nicht zusammen mit Heizungsleitungen in Kanälen bzw. Schächten verlegen

- Dämmung in Wänden verlegter Rohre besonders an den Richtungsänderungen oder Abzweigen

- Druckprüfung gemäß DIN 4279 .

6.11 Flanschverbindungen

Bei thermoplastischen Rohrsystemen ist es sinnvoll, Übergänge auf andere Werkstoffe, insbesondere metallische, als Flanschverbindungen herzustellen. Flanschverbindungen mit O-Ring-Bundbuchse haben sich aufgrund ihrer hervorragenden Funktionssicherheit in der Praxis sehr gut bewährt. Außerdem erfordern O-Ring-Verbindungen aufgrund ihre selbstdichtenden Wirkung durch den Systemdruck nur geringe Schraubanzugskräfte bzw. Mindestvorspannung, und man kann außerdem zwischen den elastomeren Dichtringqualitäten EPDM und FPM wählen. Kunststoff-Flanschverbindungen mit Flachdichtung sind möglichst zu vermeiden, da die Praxis zeigt, dass auch gewebeverstärkte Flachdichtungen mit der vorgeschriebenen Shore-Härte von ca. 65° durch Druck- und Temperatureinwirkung aus Flanschverbindungen gedrückt werden bzw. zu Fehlfunktionen führen. Lassen sich flachdichtende Übergangs-Flanschverbindungen, z. B. auf gerillten Metalldichtflächen, nicht vermeiden, sind die in der Praxis bewährten Spezial-G-ST-Profil- Dichtungen nach DIN 2690 mit ein vulkanisiertem Stahlring, Fabr. Kroll + Ziller, zu empfehlen. Bei druck- und temperaturbeaufschlagten Rohrsystemen bieten handelsübliche biegefeste GF - oder Kunststofflosflansche DIN 8063 mit Metall Verstärkung wesentlich höhere thermische und mechanische Stabilität als kostengünste einfache PVCLosflansche. Da die Hersteller aus unverständlichen Gründen PVC und auch PP-Flansch-Armaturen nach wie vor mit problematischen PVC-Losflanschen liefern, ist bei der Bestellung auf die funktionssichere GFK oder metallarmierte Flanschausführung besonders hinzuweisen. Beim Andichten der Flansche bzw. Festziehen der Schrauben ist die Werkstoff- Fließgrenze besonders zu berücksichtigen. Die Verwendung von Drehmomentschlüsseln ist daher sinnvoll, denn das Anziehen der Schrauben „nach Gefühl" setzt erhebliche Erfahrungen und sehr gute Materialkenntnisse voraus. Das Anziehen der Flansche bis zum „Gehtnicht- mehr", wie teilweise noch Praxis, überfordert die Werkstoffe auf Dauer mit Sicherheit. (Siehe Tabelle 3)

6.12 Gewindeübergänge

Da Kunststoffgewindeverbindungen sehr empfindlich gegenüber mechanischer Beanspruchung sind, ist es sinnvoll, z.B. Metall-Mischarmaturen, Zapfventiel o.ä. bei aggressiven Medien aus Sicherheitsgründen möglichst nicht an der Wand, sondern direkt auf dem Sanitärobjekt zu montieren. Anderenfalls sind aus sicherheitstechnischen Gründen entsprechend robuste und kostenaufwendige Sonderkonstruktionen notwendig. Für nicht vermeidbare Gewindeübergänge, z.B. bei Armaturenanschlüssen, gibt es Messing-Ubergangsfittings mit Metallgewinde und PVC-Klebemuffe. Für aggressive Heilmedien, bei denen man diese PVC-Metallübergänge nicht verwenden kann, gibt es leider nur PE- bzw. PP Kunststoffgewindemuffen mit äußerer Metallarmierung. Unverständlicherweise verwenden Hersteller für die funktionstechnisch äußerst wichtige Metallarmierung korrosionsanfällige verz. Stahlbänder anstelle von hochwertigem Metallwerkstoff. Die Eindichtung mit PTFE-Band (Teflon) ist ebenso sorgfältig herzustellen wie die zusätzlich erforderliche Halterung direkt am Gewindeanschluss. Da Kunststoffgewindeverbindungen sehr empfindlich gegenüber mechanischer Beanspruchung sind, ist es sinnvoll, z.B. Metall-Mischarmaturen, Zapfventiel o.ä. bei aggressiven Medien aus Sicherheitsgründen möglichst nicht an der Wand , sondern direkt auf dem Sanitärobjekt zu montieren. Anderenfalls sind aus sicherheitstechnischen Gründen entsprechend robuste und kostenaufwendige Sonderkonstruktionen notwendig.

6.13 Armaturen

Mit den handelsüblichen wartungsfreien Kunststoffarmaturen lassen sich thermoplastische Rohrsysteme weitgehend werkstoffeinheitlich und korrosionsbeständig herstellen. Entsprechend der Anlagenkonzeption und den Funktionsbedingungen gibt es diese Armaturen in manueller, pneumatischer, elektrischer und elektromagnetischer Ausführung. Je nach thermischer Belastung und Betriebsdruck sind diese sowohl als preisgünstige PVC-Armaturen wie auch in hochwertigerer Qualität aus PP- und PE-Werkstoff erhältlich. Kostengünstige radial ausbaubare Kugelhähne DN10 - 150 setzen sich wegen ihres geringen Druckverlustes und der großen Funktionssicherheit immer häufiger durch. Bei hoher Betätigungshäufigkeit und feststoffhaltigen Medien ist die Verwendung von feinstufig regulierbaren Membranventilen sinnvoll. Schrägsitzventile sind dagegen Kunststoff- bzw. strömungstechnisch nicht so optimal. Unter hygienischen Aspekten sollten die Kunststoffarmaturen möglichst totraumfrei und hydraulisch günstig konstruiert sein. Nachdem bei platzsparendem Flanschzwischenbauklappen inzwischen die Wellentdichtungsproblematik gelöst ist, finden sie im Rohrleitungsbau bei Dimensionen ab DN65 - 200 verbreitet Eingang. Für die genannten Armaturen stehen als gummielastische , chemikalienbeständige Dichtwerkstoffe wahlweise EPDM oder FPM (Ethylen-Propylenbzw. Fluor-Kautschuk) zur Verfügung. In Verbindung mit einer Ozondesinfektion ist als Dichtungswerkstoff Viton zu verwenden. Im Gegensatz zum PVC-Werkstoff ist PE- und PP-Kunststoff für ozoniertes Wasser nicht geeignet. Als Rückflußverhinderer haben sich neben Kunststoff-Rückschlagventilen platzsparende sogenannte Disko-Rückschlagklappen zum Flanschzwischenabbau aus den verschiedensten korrosionsbeständigen Kunststoff-Werkstoffen bewährt, z. B. von der Firma Fibercast.

7. Entsorgung

Die Meerwasserentsorgung erfolgt entwässerungshydraulisch in der Regel gemäß DIN1986 mit Freispiegelgefälle. Nicht zuletzt wegen der Meerwasseraggressivität haben sich sowohl bei Freiverlegung innerhalb von Gebäuden als auch im Erdreich handelsübliche Kunststoff- Abflussrohre bewährt. Dieses können sichtbar verlegte, z.B. kochendwasserbeständige sogenannte HT-Rohre mit Steckmuffenverbindungen sein oder PE-Abflußsysteme mit längskraftschlüssigen Pe- Schweißmuffenverbindungen. Im Erdreich eignet sich PVC-Kanalrohr (KG-Rohr). Hinsichtlich der Meerwasser- und Reinigungswasserableitung ist eine rechtzeitige Klärung mit der zuständigen Behörde sehr wichtig, da bereits in einigen Fällen sogenannte Vorreinigungen vorgeschrieben wurden. Die teilweise noch praktizierte Meerwasserableitung in Klärwerke oder die im doppelten Sinne ungeklärte Direktzurückleitung ins Meer ist unter Umweltschutzaspekten sicherlich keine Dauerlösung. In einigen Heilbädern sind die Meerwasserwannen umstellbar an ein normales Abwassersystem und gleichzeitig an ein Meerwasserentsorgungssystem angeschlossen. Die Meerwasserwannenentleerung erfolgt über eine Elektroarmatur ins Meerwassersystem und das Wannenreinigungsabwasser durch Armaturenumschaltung in die normale Gebäude  Schmutzwasserleitung. Die Schaltung der Pneumatik -Armaturen wird durch farblich gekennzeichnete Elektro-Taster an den Wannen, z. B. grün = Meerwasser, rot = Schmutzwasser, ausgelöst.

8. Wärmerückgewinnung

Das abgebadete Meerwasser von Wannenvollbädern eignet sich im Gegensatz zu sogenanntem Grauwasser von Duschen etc. hervorragend zur Wärmerückgewinnung, da das Abwasser relativ unbelastet durch Seife und Grobverunreinigungen, wie Haare usw., ist. Außerdem ergibt sich durch den Betriebslauf ein energetisch relativ gleichmäßiger Wärmebedarf, da im Anschluss an die Wannenentleerung in der Regel die erneute Befüllung erfolgt. Durch den Wärmeübertrag vom Abwasser direkt zur Vorerwärmung des kalten Meerwassers mittels rekuperativem Platten Wärmetauscher wird nur ein relativ kleines Pufferspeichervolumen benötigt, was gesamt gesehen einer betriebswirtschaftlich optimaler Energiebilanz entspricht. Ein weiterer Vorteil in Verbindung mit Meerwasser-Wärmerückgewinnung ist die Tatsache, dass zum Wärmeübertrag derzeit kein zusätzliches Zwischenmedium aus Hygienesicherheitsgründen erforderlich ist wie beim Trinkwasser aufgrund der DIN 1988, Teil 4, Abs. 5 „Schutz des Trinkwassers in Wassererwärmungsanlagen", denn nach der vorgenannten Norm wird bei Wärmeträgern mit übertragbaren Krankheitserregern ein Zwischenmedium zwingend vorgeschrieben. Diese hygienische Forderung bedeutet aufgrund ihrer Wirkungsgradreduzierung, dass Wärmerückgewinnungen derzeit auch keine großen Realisierungschancen haben. Für das eingangs beschriebene ökonomische und ökologische sinnvolle sogenannte Recycling-Verfahren gibt es seit vielen Jahren praxiserprobte Anlagen als Kompakteinheit mit Direktwärmeübertragung einschl. sämtlichen erforderlichen Komponenten auch in meerwasserbeständiger Ausführung, z.B. von der Firma Zehnder. Andererseits funktionieren auch ältere rekuperative Analgen aus Einzelkomponenten, wie z.B. mit Grobfilter, Vorlagebehälter, Titanplattenwärmetauscher, Umwälzsystem usw., Jahrzehnte problemlos, wie beispielsweise im Meerwasserwellenbad Büsum. Interessant ist, in welche Sicherheitsrichtung die zuständigen Hygieniker in Verbindung mit Meerwasser als Heilmittel künftig gehen, auch hinsichtlich des Bestandschutzes. Unter rigorosem Gesundheitsdenken stellt sich angesichts der wissentlich oder unwissentlich tolerierten theoretischen Hygiene-Gefahr bei bestehenden Wärmerückgewinnungsanlagen allerdings polemisch übertrieben die Bewertungsfrage hinsichtlich tickender Hygiene-Zeitbomben.

9. Meerabwasser- Aufbereitung

Angesichts des rasant steigenden Umweltschutzdenkens herrscht derzeit eine erhebliche Verunsicherung hinsichtlich der Entsorgung von abgebadetem Meerwasser und dem mit Sedimenten belasteten Spülwasser, z.B. von Meerwasserfilteranlagen. Wenn das Seewasser von Wannenbädern zurück ins offene Meer entsorgt wird, ist auf jeden Fall eine zweigleisige Entsorgung mit getrennten Meerwasser- und Schmutzwassersystemen wie unter 7. „Entsorgung" beschrieben sinnvoll. Wird das abgebadete Meer- oder Solewasser aus Wannen dem Klärwerk direkt zugeleitet, ist abzusehen, wann man dieser Art der Entsorgung Einhalt gebietet.

9.1 Chemische Abwasser- Nachbehandlung

In einigen Kommunen werden bereits bei stark mineralienhaltigen Wannen-Abwässern zum Schutz der Klärwerke dezentrale Nachbehandlungsanlagen vor Ort gefordert. Im besagten Beispiel hatte das Abwasser eine Leitfähigkeit von 32.700 µS/cm und 79,3 mg/l Hydrogensulfid und konnte daher in Abhängigkeit des pH-Wertes Schwefelwasserstoff freisetzen. Zur Oxidation des Hydrogensulfides zu elementarem Schwefel und teilweise Sulfat wurde eine Chargenbehandlungsanlage mit 30%iger Wasserstoffperoxid- Dosierung installiert. Bei 6 Wannen mit jeweils ca. 250 I Inhalt und 2maliger Entleerung pro Stunde besteht die installierte Anlage aus folgenden Komponenten:

2 PE-Puffer-Zwischenspeicher je 3m3

1 Förderpumpe mit 18 m3/h

1 Reaktionsbehälter 3 m3 mit Rührwerk

1 Dosierstation für Wasserstoffperoxid (H202 ) Eisen-lll-chlorid (FeCL3)

1 Mess-, Regel- und Kontrolleinrichtung für freies Chlor, ph-Wert, Redox-Spannung, Temperatur, Niveausteuerungen

1 Abwasserpumpe mit 18 m3 /h

9.2 Mechanische Abwasseraufbereitung

Das mit Sedimenten belastete Spülwasser von Meerwasserfilteranlagen wird bisher in der Regel ohne Nachbehandlung vor Ort entweder direkt ins Meer zurückgefördert oder fließt ins Schmutzwassersystem zum Klärwerk. Obwohl die rein physikalische Meerwasserfilterung, wie unter 4.2. „Meerwasseraufbereitung" beschrieben, ohne Chemikalienzusätze bzw. -Unterstützung erfolgt, verlangen bereits einige Behörden bei Rückführung des Spülwassers ins Meer eine vorherige Entfernung der weitgehend organischen Sedimente. Diese anlagen- und kostenaufwendige Technik wurde als sogenannte Pilotanlage z.B. mittels speziell konstruierter Sedimentationsbehälter mit Zentrifugalrichterausbildung und entsprechender Armaturenschaltung sowie nachgeschalteter Sedimentations- Abscheideeinrichtung realisiert. Da die Entsorgung bzw. Deponielagerung nur in einer bestimmten Dickschlammkonsistenz, d.h. stichfest unter 30 % Restfeuchte erfolgen darf, ist eine vorherige weitgehende Wasser-Sedimentationstrennung sinnvoll, wobei allerdings eine spätere Nachpressung unerlässlich erscheint. Der letzte Arbeitsschritt ist nicht zuletzt aufgrund der Deponie-Entsorgungsforderungen, sondern auch aus Kostengründen angebracht, da die Entsorgungskosten auf dem m3-Preis basieren. Um den beschriebenen Aufwand zu minimieren, ist ein pfiffiger Planer dazu übergegangen, die Filterrückspülung mit entsprechend bevorratetem Süßwasser durchzuführen, da diese Spülwasserfracht bisher unbeanstandet von den zuständigen Klärwerken aufgenommen wurde.

10. Flächendesinfektion

Angesichts des unsicheren Arznei-Heilmittelsicherheitsdenkens mit seiner kreativ facettenreichen Technikherrlichkeit stellt sich die Frage, was passiert eigentlich am Tatort selbst, nämlich in der Wanne, und während des anschließenden Dusch-Reinigungsrituals? Beim letzteren wissen wir zumindest, dass die Trinkwasservordenker mit ihrer DIN 1988 und dem Antilegionellen-DVGWArbeitsblatt 551 nicht der Willkür, sondern aufgrund ihrer Fachkompetenz der Realität folgend bewusst Risikokompromisse eingehen, um sowohl dem Stand der Technik als auch der Baupraxis Rechnung zu tragen. Aus infektionsprophylaktischen Gründen wissen wir weiterhin, dass es notwendig ist, Badewannen, Duschen u.ä. Badeeinrichtungen in Kliniken, Heilbädern usw. nach jeder Benutzung einer fachgerechten Reinigung und Desinfektion zu unterziehen. Im Bäderalltag besteht aber bekanntlich das Problem, dass eine größere Anzahl von Patienten in kurzer zeitlicher Folge behandelt werden müssen. Dies erfordert neben einer fachgerechten Reinigung geeignete Desinfektionsmittel mit möglichst geringer Einwirkzeit. Bei den hinlänglich bekannten Reinigungs- und Desinfektionsproblemen wäre es sicherlich interessant, von den ehrenwerten Herren, die sich zur Keimpirsch in die intimsten Hygieneniederungen der Rohrleitungen begeben, zu erfahren, ob sie auch die Situation über dem Wannenrand kennen einschl. des angrenzenden Umfeldes „als sogenanntes letztes Glied in der Infektionskette. Wenn man die wissenschaftlichen Untersuchungen von Praxistests mit Abklatschprobenauswertungen während des Routinebetriebes und die Abhängigkeit der Parameter Lösungsmittelkonzentration, Toxikologie und biologische Abbaubarkeit der Präparate sowie Einwirkzeit, „Scheuerfehler" (mechanisch manuelle Bürstenreinigung), Temperatur usw. studiert mit den zusätzlichen nicht so ohne weiteres zu erklärenden Ernüchterungs- Überraschungen hinsichtlich der erhofften Effizienz, stellt sich unwillkürlich die Frage, wie wohl die Keimzahlreduktion angesichts dieser Modellversuche in der realen Praxis tatsächlich aussehen mag. Tatsache ist, dass die gebräuchlichen Desinfektions- und Reinigungspräparate, z. B. auf der Basis von aktivem Sauerstoff oder einer Kombination aus alkoholischen und kationaktiven Verbindungen, Mindesteinwirkzeiten von 5 Minuten haben bei entsprechend intensiver „Scheuerreinigung" und sehr guter Wassernachspülung. Das ist ein nicht zu unterschätzender Zeit- und Arbeitsaufwand, behaftet mit dem hinlänglich bekannten Hygiene-Risikofaktor Mensch. Nach den o.a. Kriterien zuzüglich entsprechender Füll-und Entleerungszeiten ist eine 3fache stündliche Meerwasserwannen- Nutzung mit ca. 20 minütiger Anwendung praktisch ausgeschlossen. Ein Aspekt, der eigentlich pedantische Keimzähler nachdenklich machen sollte. Erschwerend kommt noch hinzu, dass es keinen Einheitsmenschen gibt, und bei den Hygieneexperten selbst erhebliche „Abstimmungsschwierigkeiten" bestehen, was den Bereich der Haut und die Werkstorflächen betrifft. Angesichts der Möglichkeit einer angeblich explosionsartigen Keimvermehrung stellt sich weiterhin die skeptische Frage, was passiert eigentlich während des ca. 1 Woche dauernden hygienischen Auswertungsrituals vom Zeitpunkt der Probeentnahme, Auswertung und evtl. Schließung der Anlage bei positivem Befund? Bezeichnend für die derzeit herrschende Orientierungsunsicherheit gegenüber dem feindlichen Meerwasser ist die teilweise praktizierte „Verartzung" der Anlagentechnik selbst. Beim simplen Auswechseln von Armaturendichtungen bewaffnet man sich zur Keimabschreckung bzw. zur Unterbrechung der Infektionskette bereits mit Sterilhandschuhen und Desinfektionsmittelsprüher, was unverbesserliche Zyniker prompt als geistige Infektion diagnostizieren.

11. Resümee

Die ausführliche Beschreibung der Aufbereitungs- und Anwendungsthematik der Naturheilmittel Seeschlick und Meerwasser dokumentiert sehr eindrucksvoll, wie komplex und zugleich bedeutungsvoll dieser äußerst wichtige Bereich des Gesundheitswesens ist. Die gravierenden Widersprüche gegenüber der im Hygienebereich anerkannten Trinkwasser-DIN 1988 kennzeichnet eindrucksvoll die derzeitige technische Situation, insbesondere bei der Seeschlick- und Meerwasser- Qualitätssicherung. Einerseits gehen Detailforderungen wesentlich über die o.g. Norm hinaus und andererseits liegen sie wiederum erheblich darunter. Ist Meerwasser von der hygienischen Nutzung tatsächlich höher zu bewerten als unser Lebensmittel Nr. 1 oder ist letztendlich eine Differenzierung hinsichtlich der jeweiligen Anwendungsformen nicht sinnvoller? Nicht von ungefähr stellte kürzlich ein anerkannter Balneologe, Professor im „Archiv des Badewesens", die interessante Frage nach der Notwendigkeit pharmazeutisch ausgebildeter Kontrolleure, wenn eine künstliche Beeinflussung der Naturprodukte definitionsmäßig gar nicht zulässig ist. Uni. Prof. Dr. Dr. Jürgen Kleinschmidt geht in der branchenspezifischen Fachzeitschrift Heilbad & Kurort des Deutschen Bäderverbandes Nr. 2/93 noch einen Schritt weiter. Er folgert nämlich, dass die Forderung zur pharmazeutisch/chemischen Ausbildung von Betriebsleitern zumindest in der Peloidtherapie wesensfremd - wie auch in vielen anderen Bereichen der Kurmedizin - ungerechtfertigt ist. Es kann meines Erachtens nicht sein, dass man Meerwasser für Wannenbäder eine hygienisch höhere Priorität einräumt als Trinkwasser oder dass für Trinkkuren verabreichtes steriles Meerwasser, z.B. des wohl bedeutendsten deutschen Herstellers Biomares, streng nach den Buchstaben des Gesetzes nicht für Inhalationszwecke zugelassen ist, weil bisher keine kostenaufwendige Heilmittelzulassung als sogenannte „Produktkosmetik" beantragt wurde. Im Schwimmbadbereich, zu dem letztendlich auch die medizinischen Gemeinschafts- Bewegungs-, Therapie- und Schreit- sowie Tauchbecken gehören, wird zwar Beckenwasser mit Trinkwasserqualität gefordert, doch kommt kein Hygieniker aus diesem Branchenbereich auf die fatale Selbstbetrugsidee und besteht auf Trinkwasseridentität. Außerdem muss man seitens der Produkthygiene endlich akzeptieren, dass es im Bereich naturbelassener Heilmittelaufbereitung von Peloiden und Mineralwässern vor Ort, wie z.B. Seeschlick und Meerwasser, im Gegensatz zu Trink- und Schwimmbadaufbereitung oder Legionellen- Bekämpfungsmaßnahmen nicht festmeterweise orientierende Fachliteratur und technisch optimierte Praxiserfahrungen gibt. Denn diese neuartige arzneimittelorientierte Aufbereitung befindet sich zweifelsohne in einer hochsensiblen Experimentierphase, um erst eines Tages eine sicher funktionierende Technologie zu werden. Deswegen ist nicht nur isoliert akademisches Steril-Wunschdenken in entscheidungsfreudiger Eigenregie gefragt, sondern übergreifende ganzheitliche Betrachtungsweise als heilsame Entkrampfungstherapie gegenüber dem sich anbahnenden Technikfrust bzw. schon teilweise herumgeisternden Trübsal-Bazillus. Hierzu gehört sowohl die Berücksichtigung anlagentechnischer Notwendigkeiten unter Einbeziehung des derzeitigen Stands der Technik bzw. des technologisch Machbaren als auch die Zur Kenntnisnahme der hygienischen Aspekte und volkswirtschaftlichen Belange. Das letztere gilt besonders im Hinblick auf die allseits bekannte Kostenexplosion im medizinischen Bereich und ihre fatalen Auswirkungen hinsichtlich der angespannten Finanzsituation im Gesundheitswesen. Denn der absolute hygienefetischistische Cleansuchtanspruch hat offensichtlich bereits die Kosten-Sollbruchstelle erreicht. Wie heißt es nach dem Gesetz der Fakten doch so treffend? „Nutzlos technokratisches Übergewicht wird irgendwann als zu leicht empfunden, anderenfalls droht der allgegenwärtige Behördentod." Daher ist interdisziplinäres, konstruktives Gemeinschaftsdenken notwendig, auch unter Berücksichtigung bzw. Einbeziehung der finanzierenden Steuerzahler bzw. Patienten selbst. Denn gerade sie als Direktbetroffene werden bislang immer noch als Mündel behandelt anstatt sie kompetent aufgeklärt in den äußerst wichtigen Entscheidungsprozess der Risikobewertung mit zu integrieren. Das würde sicherlich dem scheinbar endlosen Hygiene- Tunnel mit schummriger Heiligenscheinbeleuchtung endlich die gebührende „Erleuchtung" bringen. Gleichzeitig hätte die ausführende Pionier-Technik vor Ort nebenher nicht auch noch als frustriertes „Sündenbockopfer" die experimentelle Problemlöser-Alibifunktion zu übernehmen. Beim derzeitigen Keimbingo tragen nämlich die engagierten Nachdenker, sprich Planer und Anlagenbauer, die Realisierungskosten des ständigen Systemmodifizierungs-Hickhacks, auf dem bekannten Kulanzweg versteht sich. Denn laut Baurecht haben die Ausführenden einerseits funktionierende mängelfreie Anlagen entsprechend dem gnadenlosen Hygienezeigefinger zu liefern, andererseits tragen sie die Sorge dafür, dass der Patient und nicht das gesamte Badewesen aufgrund maßlos ideologisch überzogener Hygiene- Kostenforderungen baden geht. Oder ist es tatsächlich so, wie Insider schmunzelnd meinen, dass die Menschen selbst als die eigentlichen Hygiene-Störfaktoren zu eliminieren sind? Die Patienten bzw. Kurgäste wünschen sich aufgrund fehlender anlagentechnischer „Bauartzulassungen" sicherlich keine 100% sterile Utopie-Produkt-Endlösung in Form therapeutischer Magerkost bestehend aus vorkonfektionierten Schlick- und Meersalzpackungen, und das zu allem Über(fl)druss direkt an herrlichen Nord- und Ostseestränden? Denn die Wirkung der Heilmittel definiert sich bekanntlich nicht nur nach den theoretischen Gesetzen des „chemischen Milieus", sondern auch nach dem „seelischen Milieu " , sprich Genesungsumfeld. Bekanntlich hilft der Arzt, und die Lebenskraft der Natur heilt bzw. lindert. Um diesen hohen Ansprüchen zu genügen  sind sinnvolle Gesundheitsinnovationen gefragt, bei denen die Naturheilmittel „lebendig" bleiben und nicht nur privilegierte Keim-Vernichtungskampagnen im technischen Anlagenlabyrinth wohlwissend des euphorischen Pseudo-Erfolgs. Durch aggressive selektierende Nadel öhr-Zulassungen und permant hektisches Experimentieren an der Heilsfront bzw. ständiges Befragen des „Kristallkugel- Orakels" sämtliche Keim-Schlupflöcher schließen zu wollen, hilft der momentan aufgewühlten Heilbäderszene mit Sicherheit nicht weiter. Das Procedere führt höchstens zu Spekulationen anstatt zu konkreter praxisnaher Transparenz. Denn wer glaubt schon allen Ernstes, die ganze pathogene Keimwelt alleine in die eigenen Hände nehmen zu können? Angesichts dieses exorbitanten Prestige- Sicherheitsglaubens stellt sich die Frage, ob die Patienten bzw. Kurgäste vor der kompromisslos elitären Hygieneoffensive resistenter waren, oder wurde im Umkehrschluss vor kurzem noch die Realität ignorierend nicht nur verantwortungslos behandelt, sondern auch gehandelt, oder hat man nicht doch zur Wahrung von bestimmten Eigeninteressen die einst gerufenen und inzwischen gefürchteten Heilsgeister naiv unterschätzt, indem man sie jetzt nicht wieder zurück in die Arzneimittelkaraffe bekommt? Furchterregende Schreckensvisionen, dass permanent aus dem Meer nur noch die Krankheit starrt, sind daher ebenso neu zu überdenken wie der Gesundheits-Irrglaube an die Heilkraft bereits klinisch zu Tode gequälter Heilmittel, damit das Geschriebene nicht eines Tages zum traurigen Nachruf für unsere zukunftsweisenden Naturheilmittel Seeschlick und Meerwasser wird.

Christoph Saunus

Sanitär- und Heizungstechnik  3-10 / 1993